Norah Jones
Feels Like Home
Beim zweiten Mal mit mehr Temperament: Norah Jones baut ihre persönliche Popnische zwischen Jazz, Country und Folk weiter aus.
Es war ein Sensationserfolg auf leisen Sohlen. Als Norah Jones‚ Debütalbum come away with me vor zwei Jahren erschien, sorgte es zunächst nur in Insiderkreisen für Aufsehen und auch da nur, weil man verblüfft war, dass Bruce Lundvall, Chef des Jazzlabels Blue Note, Musik mit solch unüberhörbarem Country-Einschlag überhaupt veröffentlichte. Zumal come away with me ein Album war, wie es sonst eigentlich gern von der breiteren Musiköffentlichkeit übersehen wird: entspannt, geschmackvoll, aber äußerst unspektakulär und darüber hinaus nicht einfach einzuordnen. Zwei Jahre, acht Grammys und 16 Millionen verkaufte Exemplare später ist klar, dass Mr. Lundvall Recht gehabt hat. Hört man „Sunrise“, den Opener und zugleich die erste Singleauskopplung des neuen Werks, stellt sich vorübergehend der Verdacht ein, Frau Jones versuche, mit einer 1:1 -Kopie ihres Debütalbums die Erwartungen von Käufern und Plattenfirma zu befriedigen, als wolle sie in ihrer persönlichen Kuschelecke zwischen balladeskem Vocaljazz, Country und Folk überwintern. Aber die in Texas aufgewachsene Tochter des großen alten Mannes der indischen Musik, Ravi Shankar, ist klüger und setzt auf behutsamen Wachstumskurs. Da gibt es Midtempo-Stücke mit rockigeren Akzenten „What Am I To You“ mit Levon Helm und Garth Hudson von The Band, das bluesige „In The Morning“, die Norah Jones mit funky Soli auf dem Wurlitzev E-Piano krönt, eine schmissige Country-Polka im Duett mit Dolly Parton, und als Rausschmeißer Norah solo mit einer Hommage an Duke Ellington. Vor allem aber traut sich Norah Jones diesmal einfach mehr als bei ihrem Debüt – sie geht als Sängerin mehr aus sich heraus und als Instrumentalistin grönere Risiken ein. Darum ist feels like home besser als come away with me – und das will ja durchaus etwas heilen.