NO TURNING BACK – LOCKE :: Ab 19. Juni im Kino
Tom Hardy kommt, sieht und reißt alles mit sich als Solodarsteller in diesem Realzeit-Thriller.
188 Kilometer beträgt die Entfernung zwischen Birmingham und London. Wenn man aufs Gas tritt, schaff t man die Strecke in knapp 90 Minuten. Wie Ivan Locke, die Haupt- , Titel- und überhaupt einzige Figur von „No Turning Back – Locke“. Für die komplette Dauer des sich in Realzeit abspulenden Films befinden wir uns in seinem BMW. Wir sehen sein Gesicht und hören seine Stimme. Wir lauschen ihm bei Telefongesprächen mit Kollegen, Ehefrau, Kindern und einer Geliebten in London, wegen der er, wie wir nach und nach erfahren, seine halsbrecherische Reise ans Ende der Nacht antritt. Es ist eine Höllenfahrt. So undurchdringlich Lockes Mimik am Anfang ist, so unklar ist für den Zuschauer, warum ihn Regisseur Steven Knight – Drehbuchautor so großartiger Filme wie „Kleine schmutzige Tricks“ und „Tödliche Versprechen – Eastern Promises“ – ausgerechnet mit diesem Mann in ein Auto gesperrt hat. Doch je weiter er auf London zurast, desto klarer wird der Fokus. Je lauter die Stimmen in Lockes Kopf werden, je mehr sie sich mit den Stimmen der vertrauten Menschen am Telefon vermischen zu einem brüllenden Crescendo, aus dem sich Geschichte und Geheimnisse des Mannes am Steuer schälen, desto mehr spitzt sich dieser mit einem Minimum an Mitteln, aber einem Maximum an Wirkung realisierte Thriller zu. Wie viele andere Filme, die auf einem simplen erzählerischen Gimmick basieren, könnte es eine leere Luftblase sein, aber auf einmal geht es wirklich um alles oder nichts. Diese vermeintliche Fingerübung umfasst im Kern so viel existenzielle Wahrheit, dass es einem die Luft abschnürt, so wie es auch Locke die Luft abschnürt, dem innerhalb kürzester Zeit die berufliche und private Zukunft um die Ohren zu fliegen drohen. Musikexpress-Leser singen das Hohelied auf Tom Hardy nicht erst seit seinen weithin gelobten Auftritten in den Christopher-Nolan-Filmen „Inception“ und „The Dark Knight Rises“ (als Bösewicht Bane), sondern bereits seit seinem alle verschlingenden und mit sich reißenden Berserker-Auftritt in und als „Bronson“ – eine Darstellung, an die man auch hier immer wieder denken muss: Hardy ist der real deal, der Daniel Day-Lewis seiner Generation, eine Naturgewalt von Schauspieler, der mit Haut und Haar in seinen Rollen versinkt. Und Ivan Locke zu einer so nachhaltigen Kinofi gur macht, dass man sogar geneigt ist, dem Verleih den unsäglichen deutschen Filmtitel zu verzeihen.
Regie: Steven Knight, Großbritannien 2013 – mit Tom Hardy
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