Nine Inch Nails :: The Downward Spiral

Industriell Rock: Nur ein Mann mit weitem Horizont konnte diesem Genre ein Meisterwerk abringen.

Auch wenn Trent Reznor selbst mit einem Hang zu Pink Floyd und Altmetalprägekunst ein auf Schockeffekte bauender Entertainer und somit ein rechter Clown bleibt, wie sein ehemaliger Schüler Marilyn Manson ja auch einer ist: THE DOWNward SPIRAL muß als Meisterwerk derooer angesehen werden; erst recht runde zehn Jahre später, wo klarwird, dali das Album in Sound und Ausdruck eine ganz besondere Referenz darstellt für das, was 1994 möglich war – ausgerechnet im Industrial, wenn sich nur endlich mal ein richtiger Musiker damit beschäftigen wollte. Reznor wollte, und sein Horizont war weit, mochten an ihm auch dunkle Wolken aufziehen. Er zeigte, daß im Scheppern der Funk wohnt und im Schaudern der Soul, dar] der Viervierteltakt selbst im Holzen der Harten keine zwingende Notwendigkeit darstellt und daß Brüllen und Tosen erst ihre volle Wirkung erreichen, wenn sie dem Flüstern und der Stille gegenübergestellt werden. Ähnlich wie Stephen King gelingt es Reznor als Meister auf klar eingegrenztem Gebiet, eine Spannung zu entwickeln, die kaum ein anderer über ganze Rockplatten hinweg aufrechterhalten kann. Einen großen Abgesang wie das später von Johnny Cash noch weiter Richtung Abendrot getragene „Hurt“ hätte man diesem Torwächter von Höllenschlund und Noisegates wohl doch nicht zugetraut. Ob es übrigens gleich eine „Deluxe Edition“ dieses ohnehin nicht eben klein dimensionierten Albums sein darf, muß jeder für sich entscheiden: Soundtrackbeiträge wie das zwingende „Burn“ und das Joy-Division-Cover „Dead Souls“ können Sammlungen sinnvoll ergänzen, die Remixes und Demos hingegen den atmosphärisch hochverdichteten Originalen wenig Neues abgewinnen – und die B-Seiten sind eben B-Seiten. Allerdings heißt es, das Klangerlebnis von THE DOWNWARD SPIRAL im 5.1 Surround Sound soll äußerst unterhaltsam sein. Hm, dem Rezensenten genügt auch eine Dekade später noch der gute alte Stereo-Schock.