Minimalistische, überraschend dynamische Klavier-Improvisationen von einem, der auch Elektronik kann.

Der Pianist Nils Frahm arbeitet seit Jahren an der Schnittstelle von neuer Klassik, Ambient und Improvisation. Er versteht sich darauf, Situationsbedingtes für sich kreativ zu nutzen. Auf dem Album FELT (2011) dienten die Filzbezüge, mit denen Frahm dem nachbarschaftlichen Frieden zuliebe sein Klavier präpariert hatte, als Inspiration für seine Kompositionen. Bei SCREWS (2012) die Schrauben in seinem Daumen nach einem Sturz vom Hochbett – verbunden mit der Frage, was man als Pianist mit neun Fingern anfangen kann.

Auch wenn die Musik, die bei diesen Experimenten entstand, schön anzuhören war – Frahms Konzerte waren immer mitreißender als die etwas dahingetupft wirkenden Aufnahmen. Vielleicht deshalb nahm der Berliner, der als Kind von einem Schüler Tschaikowskis unterrichtet wurde, sein neues Album komplett live auf.

Gut 30 über einen Zeitraum von zwei Jahren mit unterschiedlichsten Gerätschaften mitgeschnittene Aufnahmen sind darauf zu finden – kleine Fehler inklusive. Ein klingelndes Handy etwa fungiert als Titelgeber für die „Improvisation For Coughs And A Cell Phone“. Dieser interaktive Ansatz – Frahm selbst bezeichnet das Album als „Studie in ‚field recordings‘“ – zahlt sich aus: Frahms neuste Veröffentlichung klingt dynamischer und intensiver als die Vorgängeralben – und bei aller Abstraktion überraschend eingängig.