Nils Frahm
Old Friends New Friends
Leiter/Warner (VÖ: 3.12.)
Play us more songs: Der Solo-Piano- Man öffnet sein Archiv.
Der Regen perlt in „Rain Take“ wie Wasser in impressionistischen Stücken von Claude Debussy. Überhaupt scheint es oft zu regnen, wenn Frahm am Klavier sitzt. Why does it always rain on him? Es knistert und klackert und rauscht auf diesen Stücken, Frahms Pedale ruckeln. Das Klavier ist ein Organismus mit Charakter, nirgendwo hört man das so wunderbar wie bei Nils Frahm. Sein Spiel zaudert und stottert und nimmt uns doch mit.
AmazonDie Frahm’sche Klangsignatur: die besonders weichen Klangfarben, dank eines Filzstreifens zwischen Hämmern und Klaviersaiten. Und viel, aber niemals zu viel Nachhall – wie die richtige Dosis Zimt in der Zimtschnecke. Auf anderen Stücken lässt Frahm das Klavier kristallklar glitzern („Corn“) oder groovt nahezu jazzy („New Friend“). OLD FRIENDS NEW FRIENDS vereint bisher unveröffentlichte Takes aus den letzten zwölf Jahren – wobei es Frahm wichtig ist, dass die Stücke nicht von der Resterampe fallen: Gerade die mutigsten Stücke würden es halt oft nicht auf Alben packen, so sagt er. Mutige Aussage.
Macht sich Frahm über John Cage lustig, wenn er im Opener „4:33 (a tribute to john cage)“ eben doch, anders als in John Cages „4:33“ vorgesehen, Noten spielt? Nicht unbedingt. Denn auch Cage wusste ja, dass die Stille niemals still ist: So lange wir leben, hören wir unser Blut rauschen oder zumindest unser Herz pochen. Mitunter meint man, Frahm atmen zu hören. Diese in einem anderen Sinne stillen, zarten, uns über den Herbst hinwegtröstenden Stücke klingen sogar noch besser, wenn man die Anlage gut aufdreht. Es fühlt sich dann so an, als würde man mit Nils Frahm auf dem Klavierhocker sitzen – so wie gute alte und neue Freunde es doch wohl tun.