Nik Bärtsch’s Ronin – Holon

Die Titel der numerisch abgezählten „Module‘ -Kompositionen sind auf den ersten Blick irritierend. Sie lassen einen Schaltplan als Partiturvorlage vermuten, den sich irgendwelche computerfrickelnden Sound-Elektroniker zusammengebastelt haben. Mit teilweise überaus exaktem Augenmaß für die Rhythmusproportionen ist zwar auch der Schweizer Pianist Nik Bärtsch mit seinem Quintett Ronin an die sechs Modul-Einheiten herangegangen. Doch die tonangebenden minimalistischen Dauerschleifen, die sich in ihrer Komplexität zum Glück mehr an Steve Reich und nicht an Philip Class orientieren, sind bisweilen mit einem Rock-Jazz-lmpuls kurzgeschaltet, der wachhält. Gleich im ersten „Modul 42“ keimt langsam, aber stetig aus einer Zelle eine Motorik, die im „Modul 39_8“ richtig auf Touren kommt. Und dies mit einer groovenden Sogkraft, die an Billy Cobhams Jazz-Rock-Formation Spectrum erinnert. Bärtschs Stärke ist hier wie schon auf seinem ersten Album stoa die Kunst der Metamorphose. Er braucht nur einen Motiv-Gedanken, um daraus ein kleines Universum entstehen zu lassen. Dafür setzt er in „Modul 45“ auf eine elastisch-rhythmische Verspieltheit, die an das Esbjörn Svensson Trio erinnert. Dann wieder wagt er sich mit seinem pianistischen Sternschnuppenhagel in polyrhythmisch aufgebaute Regionen vor, in denen es nicht esoterisch, sondern asiatisch-poetisch zugeht. Zen-Funk eben. Bei aller Klasse der fünf Musiker drängt sich bisweilen jedoch eine Frage auf: Wieviele Module hat Bärtsch wohl noch unter dem Kopfkissen? Es besteht die Gefahr, dass er ein Konzept, über das schon das Debütalbum alles gesagt hat, zu Tode reitet.

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