Nigel Kennedy :: Blue Note Sessions Blue Note/EMI

Als er vor einer halben Ewigkeit mit seiner Violine erstmals die große Klassik-Showbühne betrat, stockte dem Publikum im Parkett der Atem. Während auf den Rängen Party gemacht wurde. Denn nicht nur äußerlich entsprach Nigel Kennedy mit seinem Freak-Look nicht gerade dem typischen Schwiegermuttertraum. Selbst wenn Kennedy Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ spielte, rockte es. Seitdem hat der bekennende Aston-Villa-Fan vieles ausprobiert, um bloß nicht in einer bestimmten Schublade zu landen. Zwischen den tonnenschweren Klassik-Hits à la Tschaikowsky hat er daher immer wieder mal mit Jimi Hendrix, The Doors und dem vokalen Jazz-Akrobaten Bobby McFerrin geflirtet. Für ein komplettes Jazz-Album ließ sich jedoch Kennedy erstaunlich viel Zeit. Zumal er immerhin schon früh vom Urvater der Jazz-Violine, von Stephane Grappelli, an die Hand genommen worden war. Für seine blue note sessions jedenfalls konnte er nun aus dem All-Star-Vollen schöpfen. Mit Bassist Ron Carter und Schlagzeuger Jack DeJohnette standen ihm zwei Ex-Miles-Davis-Strategen genauso zur Seite wie Tenorist Joe Lovano und der Hammond-Orgel-Spezialist Lucky Peterson. Und das Erstaunlichste am Endergebnis ist vielleicht, wie Kennedy sich mit seiner elektrifizierten Geige auf Anhieb mit den Jazz-Profis versteht. Mit äußerst beschwingtem Jam Feeling fließen ihm die Töne nur so aus den Saiten, sorgt er gefühl- und geschmackvoll für den nötigen Saft, um von Hardbop (Kenny Burrells Midnight Blue) über die groovende Up-Tempo-Jazz-Pop-Nummer „Expansions“ bis hin zum Horace-Silver-Klassiker „Song For My Father“ in aller Entspanntheit zu glänzen. Und selbst die Eigenkomposition „Maybe In Your Dreams“ könnte sich dank ihres balsamischen Balladen-Flairs schnell zu einem Jazz-Evergreen entwickeln. Die Reifeprüfung im Fach „Jazz“ hat Nigel Kennedy somit mit Auszeichnung bestanden.

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