Napoleon Dynamite :: Start: 18.4

Nur Filmen gibt man den Gnadenschuß: Verlierer-Groteske aus dem amerikanischen Hintertand nach Umwegen nun auch in Deutschtand.

Napoleon dynamite ist ein Film, der Rätsel aufgibt. Egal, wie oft man sich diesen eigenartig hüftstarren, beinahe bewegungslosen Film auch ansieht, der eher wie eine Polaroidsammlung eines autisrischen Kindes anmutet als ein klassischer, nunja, Film – man will nicht so recht begreifen, a) warum dieses krakelige Bilderalbum einer trotzigen Verliererkindheit in den Hämorrhoiden Amerikas als Komödie beworben wird, b) wie dieser sperrige und denkbar unglamourö se Entwurf der Leiden des jungen N. allein in den USA mehr als 40 Millionen Dollar einspielen konnte und c) was genau der Grund ist, warum der deutsche Verleih zwei Jahre verstreichen ließ, bis der in den USA und Großbritannien auf DVD längst zu Ramschpreisen vertickte Kulthit nun doch noch lieblos in die hiesigen Kinos geschoben wird. Und am wichtigsten natürlich d): Was läßt diesen Jared Hess, Autor und Regisseur von NAPOLEON DYN AMiTE, verdammt noch mal ticken? Wie kommt man auf einen solchen Antihelden, dessen einziger Sturm und Drang es ist, den unentwegten Demütigungen der Mitschüler seine eigene ungelenke Verachtungentgegenzuhalten? Napoleon – gespielt von dem mormonischen Nachwuchsstar Jon Heder – ist in all seiner rothaarigen und pickeligen Pracht weniger eine dreidimensional entwickelte Figur als ein Sinnbild für die exquisite Pein der Pubertät: Fremd im eigenen Körper, fremd in der eigenen Welt; das Sprießen der Hormone personifiziert als ewiger Freak. Selten hat es einem ein Film so schwergemacht, mit seinen Protagonisten warm zu werden. Doch was zunächst wirkt wie eine plakative Sammlung abstoßender Klischees, ermöglicht schließlich einen Blick hinter die White-Trash-Fassade, als hätte Wes Anderson mit Verachtung als Triebfeder seine Version von ToddSolondz‘ willkommen im tollhaus gedreht-letzteres eine von MTV mitproduzierte Parodie auf klassische Teenager-Filme der 80er Jahre. FERRIS MACHT BLAU mit echten Eiterbeulen. Aber das ist nicht Pose: Das ist visualisiertes Unwohlfuhlen-im-eigenen-Körper, bei dem auch der abschließende Triumph des Antihelden schmeckt, als hätte er seine Unterwäsche seit Wochen nicht gewaschen, oder einfacher: schal. Sollte einem im Halse stecken bleiben wie etwaiges Lachen.

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