Naked Lunch – Songs For The Exhausted
Diese Musiker waren bislang als Objekte eines Feldversuchs zu verstehen, der da lautete: Können Rockmusiker aus Klagenfurt ihren Standortnachteilwettmachen, indem sie so britisch klingen, dass ihre Herkunft keine Rolle mehr spielt? Der Authentizitätsaspekt erhielt auch dadurch noch Gewicht, dass sich Naked Lunch immer wieder einmal Aufenthalte im Popland gönnten. Sogar die Großschnauzen von Oasis imitierten sie mit possierlichen Albumtiteln wie Superstardom 119971 Bis zum Zeitpunkt dieser Produktion basierte die Musik der nach dem berühmten Roman von William S. Burroughs benannten Band auf rotzigem Gitarrenrock, in den sich die ein oder andere Melodie verirrte. Dann war es plötzlich auch für Gitarrenbands okay, den Computer zu benutzen. Prompt gingen Naked Lunch nach Düsseldorf und lernten den Umgang mit Rechner und Keyboardsounds. Diese Stilwende wurde aber mit nicht annähernd so viel Interesse verfolgt wie bei Notwist, deshalb war es in letzter Zeit verdächtig ruhig um die Kärntner. Nun aber gibt es doch wieder ein Album, und das beginnt mit abrupten Wechseln von Geräuschwällen wie bei My Bloody Valentine und nachdenklichen Pianopassagen wie beim John Lennon der siebziger Jahre, umflirrt von atmosphärischer Elektronik. „God“ nennt sich das Stück, und es ist tatsächlich ziemlich gut. Danach reduziert sich die Phonstärke deutlich, wohl auch deshalb, damit sich die melancholischen und schmerzvollen Texte von Sänger Oliver Welter ungestört ausbreiten können. In der Summe lassen Naked Lunch ein Feingefühl erkennen, das in der zunehmenden Masse elektrifizierter Indie-Rock-Bands heraussticht. Man sollte ihnen eine neue Chance geben.
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