Matt Harding – Expectation

Vorne die verrußte Backsteinwand, auf der jemand ein Stück freigeputzt hat, damit man durch die Mauer schauen kann, in eine andere Welt vielleicht, etwas, das noch verborgen im Zentrum dieser Songs liegt. Hinten tiefblauer Himmel und ein massives Wolkenfeld. Front- und Backcover von expectation geben mehr als nur den optischen Rahmen für expectation ab, das dritte Album des Briten Matt Harding. Die 14 Beiträge, die Harding hier vorstellt, haben von beidem genug: von der Flucht in die sicheren Arme des Homerecording und dem Aufbruch, hoch hinaus ins Blaue, rein in Wind und Widrigkeiten dieser Tage. Blues-Gitarre, gezupfte Klampfe, gestrichene Akkordfolgen im leichten Hall – Matt Harding kommuniziert intensiv mit seinen Saiten, er spielt mit jeder einzelnen, als war’s seine Liebste, er stellt sie uns Song für Song vor und lullt dich und mich und jedes Weichei westlich vom Ural mit seiner Stimme rechtzeitig ein lund wenn Nova Drougge wie bei „Close“ dazukommt, wird ein kleiner Küchenfolkhit darausl. Auf jede neue Moshi-Moshi-Platte durfte man sich dieses Jahr freuen (Au Revoir Simone, Lo-Fi-Fink. Titty And The Wall], auf diese besonders, weil der Songwriter und Part-Time-DJ aus Northampton sich so fabelhaft in seinem Revier eingerichtet hat, er kann mit den Fingern schnippen und klatschen, er kann Stimmungen mit zwei Akkorden und einem Murmeln einfangen. Vor Jahren hat Harding Instrumentals geschrieben, später erst fügte er Gesang und Samples in seine Stücke ein. Sie klingen immer noch zurückgenommen, vorsichtig, so als wolle er sagen, kann ich das, darf ich das? Aber Songs wie „Close“ und „Coptic St“ demonstrieren eine Freude an der Schön- und Schlichtheit, ohne dass Harding sich bereits auf sicherem Boden befände, von dem aus Popmusik so oft in Langeweile erstirbt, expectation hinterlässt einige der Rätsel, die feine Musik hinterlassen darf, die bald unser Leben verändern wird. Die Songs hängen zwischen den Stilen und Stimmungen. Aber sie hängen auf sehr hohem Niveau.