Marianne Faithfull – Dreaming my dreams

Binnen weniger Monate stellten sich für Marianne Faithfull 1964 die Weichen für ein zukünftiges Leben, als sie auf einer Party Andrew Loog Oldham entdeckte. Der umtriebige Manager der Rolling Stones dachte beim Anblick der damals 16 Jahre alten Schülerin pragmatisch: engelsgleiches Aussehen und große Titten-ein unschlagbares Verkaufsargument, das dann auch zum Tragen kam. Die Tochter einer österreichischen Baroness aus dem Hause Sacher-Masoch und eines britischen Eigenbrötlers wandelte sich von der sittsamen Schülerin im Nonnenkonvent zum begehrten Jugendidol jener Ära. Vierzig Jahre später erinnert sich die mittlerweile in Irland beheimatete Marianne Faithfull in der anderthalbstündigen Dokumentation dreaming my dreams mit einiger Wehmut an diese frühen Tage. Eine Zeit der Unschuld. Denn schnell wurden die Spiele wilder. Besonders, als Marianne sich urplötzlich von Ehemann John Dunbar, dem Eigner der von Prominenten frequentierten Londoner „Indica Gallery“, trennte und mit Sohn Nicholas zu Stones-Sänger Mick Jagger konvertierte. Im Sog der kontroversen Rolling Stones geriet sie in die Schlagzeilen. Bezeichnete die Anklage in den Unterlagen des legendären Drogen-Prozesses, der in Keith Richards Landhaus Redlands im Februar 1967 seinen Ursprung fand, sie doch als jene geheimnisvolle Miss X, die nur mit einem Fellteppich bekleidet während der Polizei-Razzia angetroffen wurde. Seither macht eine hässliche, nie stattgefundene Anekdote die Runde: Mick Jagger hätte an einem Mars-Riegel geknabbert, der aus ihrem Geschlecht hing, als die Polizisten das Haus stürmten. Mit der Karriere der Faithfull,die mittlerweile überzeugend als Film und Theaterschaupielerin reüssieren konnte, ging es steil bergab. Eine fiese Heroinsucht, intime Beziehungen zu Brian Jones und Keith Richards sowie die von Marianne forcierte Trennung von Rockgott Jagger verschlimmerten den Talwärtstrend sogar- nahe Freunde wie Pamela Mayall und Sally Oldfield erlebten mit ihr zum Teil die Hölle auf Erden. Künstlerisch fing sich der einige Jahre gar auf den Straßen des Londoner Stadtteils Soho vegetierende Ex-Star erst wieder zum Ende der siebziger Jahre mit der den Zeigeist perfekt widerspiegelnden Produktion broken english. Seither hatte Marianne Faithfull ihr künstlerisches Geschick zumindest wieder einigermaßen im Griff, wenn sie auch ihren Hang zum Heroin erst viel später tilgen konnte. Kontinuierlich produzierte Alben von Qualität und ihre wiederaufgenommene Karriere als Schauspielerin – zuletzt glänzte sie eindrucksvoll in der Hauptrolle der Irina Palm – bescherten der charismatischen Künstlerin im Alter von 60 Jahren eine wohlverdiente Spätkarriere.

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