Love – The Blue Thumb Recordings

Der Meilenstein Forever Changes vom Februar 1968 lastete jahrelang auf Arthur Lees Schultern. Torpediert wurde ein adäquater Nachfolger durch Lees Heroinabhängigkeit und die Auflösung des bewährten Line-ups von Love. In der kreativen Zwangspause formierte Lee eine komplett neue Besetzung und spielte Four Sail ein, sein finales Werk für Elektra im November 1969. Nur ein halbes Jahr später veröffentlichte der wie außer Betrieb wirkende Bandleader überraschenderweise ein Doppel-Album namens Out Here auf der amerikanischen Low-Buget-Marke Blue Thumb. Ein weiteres, False Start, folgte im Januar 1971. Aufgestockt mit der Bonus-CD live in England 1970 koppelt das 3-CD-Set The Blue Thumb Recordings mit 38 Tracks diese bis Ende 1971 andauernde Phase, bevor Lee auf A&M einen weiteren Neustart wagte. Typisch für die Ära gibt es hier diverse Songs in Überlänge, die dem Zuhörer den Duft penetranter Räucherstäbchen in die Nase steigen lassen. Unverholen wird dem Prog-Rock-Zeitgeist in schwelgerischer Selbstverliebheit gehuldigt: etwa in „Doggone“ mit kilometerlangem Drumsolo und weiteren einschläfernden Ingredienzen. Doch nicht alles wirkt angestaubtund platt: Die folkige Trilogie „Listen To My Song“, „I Still Wonder“ und „Gather Round“ etwa beschwört Lees Genius und den Spirit der Albenklassiker Da Capo und Forever Changes. Ein Eindruck, der leider nicht allzu lange währt. Dümpelt doch das Material von False Start noch näher am Rande der Belanglosigkeit. Zumal sich hier Studiomaterial mit dem einen oder anderen Konzertmitschnitt seltsam unentschlossen mischt. Krude Kompositionen wie „Flying“, „Stick Dick“ und „Ride That Vibration“ spiegeln vor allem den Geisteszustand Lees wieder. Selbst der Opener „The Everlasting First“, mit Jimi Hendrix an der Gitarre, klingt wie ein drittklassiges Outtake mit auf Fake-Hendrix getrimmtem Sound. Doch nicht alles entpuppt sich als Rohrkrepierer. Als ein Rohdiamant unter einem Haufen Glasscherben versteckt sich „Anytime“. Ebenfalls nicht ohne Reiz ist das gospelhafte „Feel Daddy Feel Good“. Die nur in der limitierten Edition enthaltene Bonus-CD live in England 1970 massakriert zeitlose Evergreens wie „My Little Red Book“, „Orange Skies“. „Andmoreagain“. „Bummer In The Summer“ und „Signed D.C.“ auf nicht uncharmante Weise, weil so der Punk-Spirit vorweggenommen wird.

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