Lou Reed :: Coney Island Baby – 30th Anniversary Edition

Rock: Nach der Feedback-Orgie: der atmosphärische Soundtrack für den Vergnügungspark.

Lou Reeds Geschick, sich immer wieder in Fettnäpchen gigantischen Ausmaßes und selbstzerstörerische Situationen zu manövrieren, wurde wahrscheinlich nur noch von Kollege Iggy Pop übertroffen. So auch 1975, als der ehemalige Velvet-Underground-Chef nach einer Reihe stringenter Alben wie TRANSFORMER, BERLIN, ROCK’N’ROLL animal und sally can’t Dance Fans und Kritiker mit der Feedback-Orgie metal machine music düpierte. Lou Reed, der in jener Phase täglich hohe Dosen Speed fixte, hatte hohe Steuerschulden und besaß kein Equipment mehr – Letzteres ließen nicht bezahlte Roadies als Pfand mitgehen. RCA-Chef Ken Glancey zeigte Verständnis, steckte Reeed ins selbe Hotel, in dem Bob Dylan mit der Rolling Thunder Revue probte, rang ihm allerdings das Versprechen ab, dass, wenn Studiozeit und Musiker gebucht würden, er nicht wieder monströsen Krach à la metal machine music abliefern dürfe. Das Ergebnis coney Island baby kann sich auch drei Jahrzehnte später noch hören lassen. Reed besann sich auf die Tugend, die ihn schon zu Zeiten als Warhols Eleven auszeichnete: zeitlose Rockpoesie auf einen Songzyklus umzusetzen. Und so atmet das äußerst sparsam arrangierte coney Island baby mehr als jenes andere Solowerk Reeds jener Ära den Geist der Velvet Underground zwischen white Light, white heat und LOADED. Am intensivsten wohl in der mit gesampeltem Bar-Ambiente unterlegten Trance-Hymne „Kicks“, im Pop-Ohrwurm „She’s My Best Friend und im elegischen Titelsong. Sechs Bonustracks liefern hypnotisch rockende Studio-Outakes. Singleversionen und rare B-Seiten.