Loretta Lynn – Van Lear Rose
Jack White ist ein beinharter Traditionalist. Abseits allen „The‘-Band-Rebellentums schöpft dieser Mann aus den ganz alten Quellen. Und Loretta Lynn ist so etwas wie das Steckenpferd des Jungrockers aus Detroit. Die Lady zählt heute stolze 70 Jahre und begann ihre Karriere in den Sechzigern. Ihre Geschichte wurde 1980 in „Nashville Lady“ mit der unvergleichlichen Sissy Spacek verfilmt. Ab Mitte der Siebziger war die Country-Ikone jedoch im mythischen Legendennebel verschwunden. White holte sie nun zurück und ließ ihr als Produzent eine Rick-Rubin-Kur erster Klasse angedeinen. Wer daraus den Schluss zieht, dass Loretta nun den frei gewordenen Thron von Johnny Cash besetzt, der liegt nicht ganz falsch – und doch meilenweit daneben. Lynn hatte es schon in den, zumindest in Nashville, stockkonservativen Sechzigern verstanden, ihre Songs mit einer weiblichen Weltsicht zu versehen, die so gar nichts mit dem zu tun hatte, was sich ein Redneck unter einer braven Farmersfrau vorstellt. Lynn pinkelte den Southern Gents gelegentlich ziemlich unverhohlen auf die Cowboystiefel und verschaffte sich so immensen Respekt. Die Dame hatte Eier und hat sie heute noch. So wurde van lear rose denn auch keine rührselige Nostalgie, sondern zum Zeugnis einer Frau, die was zu erzählen hat. So wie im bewegenden „Miss Being Mrs.“, wo sie über das Alleinsein meditiert, im Titeltrack, in dem sie aus ihrer Kindheit erzählt, und in „Women’s Prison“, bei dem sie selbstbewusst das Recht der Frau auf Sünde reklamiert. White hat ihr dazu ein raues, mit verhallten Slidegitarren mehr an Calexico erinnerndes Soundgewand geschneidert, das sich gleichermaßen auf die Tradition des Genres beruft wie es astreinen Talking Blues („Little Red Shoes“) und gar scheppernden Punk („Mrs. Leroy Brown“1 integriert. Die Sängerin bewegt sich dabei wie selbstverständlich in der archaischen Klangwelt ihres Produzenten, der ohne weiteres ihr Enkel sein konnte – da haben sich zwei gefunden!
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