Lisa Who

Sehnsucht

Arising Empire/Warner

Zwischen Joan Baez und Tarantino, aber nicht zerrissen: Dream-Liedermacherei von der Madsen-Keyboarderin.

Das Tempo? Langsam bis ganz langsam. Die Melodien? Episch an der Grenze zum Pathos. Der Sound? In breitem Cinemascope flirrt heiße Luft überm Wüstenboden. Und dann singt Lisa Nicklisch Sätze wie: „Ich dreh’ mich nicht im Kreis, ich tanze.“ Das Erstaunliche ist: So bleiern schwer SEHNSUCHT, das Debütalbum von Lisa Who, bisweilen daherkommt, entwickelt es doch auch eine irritierende Leichtigkeit.

Mal denkt man, die Tour-Keyboarderin und Background-Sängerin von Madsen wäre beim Versuch, zu einer deutschen Hope Sandoval zu werden, stecken geblieben. Dann aber merkt man, dass es hier gar nicht um Dream Pop geht, sondern um altmodische Liedermacherei, die aber klingt, als wäre sie von einer Wüstenrockband auf Valium eingespielt. Diese Unentschiedenheit aber ist kein Makel, sondern eine Stärke, sie gibt der Musik eine schwebende, vibrierende Unsicherheit, die man Produzent Sebastian Madsen gar nicht zugetraut hätte, und die vor allem dafür sorgt, dass SEHNSUCHT nicht zur Soundtapete verkommt, sondern dass man der Wahlberlinerin zuhört, ihren assoziativen Texten folgt, in denen Nachtigallen singen oder Blätter fallen, Vorurteile verdammt werden und Menschen durch Tanzen den Weltfrieden sichern. Ja, davon kann man singen, sogar auf Deutsch, ohne dass es peinlich wird.