Lindisfarne – Drei Alben

Es waren die Jahre, in denen der Weg vom Underground in die Charts nicht so sonderlich weit war, andererseits aber auch nicht gleich jeder für den Erfolg seine Großmutter verkauft hätte. Folglich wimmelte es in den frühen Siebzigern von Spinnern und Eintagsfliegen, die im großen Rock’n’Roll-Buch denn auch oft genug zu Recht nur mit einer Fußnote vertreten sind. Im Falle von Lindisfarne ist das nicht fair. Songwriter Alan Hull und seine Mitstreiter kamen aus Newcastle-on-Tyne und begannen ab 1970, ihre eigene, fast bescheiden zurückhaltende Version einer Rockmusik zu entwickeln, die primär aus englischen Folktraditionen schöpfte. Bezeichnend für jene Ära, dass sie mit diesem konservativen Konzept ihren ersten Plattenvertrag bei Chrysalis erhielten, dem Label, das in jenen Tagen als Hort alles Progressiven galt und u.a. Peter Gabriels Genesis aufbaute. Das Lindisfame-Debüt. nicely out of tune 1970), konnte zunächst allerdings nur bei Eingeweihten Eindruck hinterlassen. Zu feinsinnig gesponnen waren die Arrangements mit akustischen Folkinstrumenten und dezenter Rockdynamik, als dass sie sich zwischen Led Zep, T. Rex und der lärmenderen Genre-Konkurrenz von Jethro Tüll hätten durchsetzen können. Der kommerzielle Knoten platzte erst ein Jahr später mit fog on the tyne (1971), dessen Opener. das unwiderstehliche „Meet Me On The Corner“, zu einem der Überraschungshits der Saison wurde. In dessen Schlepptau mauserte sich die anspruchsvolle „Lady Eleanor“ vom ersten Album, ein Jahr zuvor noch gefloppt, ebenfalls zur Erfolgssingle. Prompt geriet die Provinztruppe in die internationale Hype-Maschinerie, und Alan Hüll wurde wie damals üblich – zum nächsten neuen Dylan ausgerufen. Mit Album Nr. 3, dingly dell (1972) , schlug die Band jedoch einen eher unintellektuellen, rockorientierten Kurs ein, was ihr die puristische Kritik übelnahm. Schlimmer noch: Ohne neuen Hit wandte sich das Publikum ab. In der Folge begann die Gruppe auseinander zu fallen. Zwar erschienen noch einige Alben unterdem Namen Lindisfarne und bis heute tourt die Band – Mastermind Hüll erlag 1995 einem Herzinfarkt -. ihre künstlerische Duftmarke hatte sie aber mit diesen drei ersten Alben hinterlassen. Die CDs kommen mit Original-Artwork, diversen Bonustracks, leider jedoch ohne Liner Notes und zusätzliches Fotomaterial. Trotzdem: wunderbare Musik!