Lily Allen
Sheezus
Parlophone/Warner
Mehr gefälliger Seifenblasen-Pop als harte soziale Verortung vom Londoner Chefboss des Female-Empowerment.
Das Subversivste, was man heutzutage noch machen kann: die Dinge ernst nehmen. Bei Lanz & Co. wird schon genug weggeschmunzelt, dass ein paar Geradeaus-Ansagen immer willkommen sind. Frage nur: Ist man da bei Lily Allen noch an der richtigen Adresse? Die Britin war mal dafür bekannt, Sachen beim Namen zu nennen. Am Anfang ihrer Karriere galt sie als die Ansprechpartnerin, um das soziale Wirrwarr der Twentysomethings auf originelle Art auszuloten.
Seit ihrem Debüt ALRIGHT, STILL sind inzwischen acht Jahre vergangen, Allen ist jetzt verheiratet, hat zwei Töchter. Den kruden Ton hat sich die 29-Jährige bewahrt, aber in der Haltungsnote droht Abzug: Aus Verkaufskalkül änderte die Sängerin ihren angeheirateten Nachnamen Cooper zurück in Allen und schimpft über ihre Plattenfirma, die sich nicht traue, die guten Songs von ihrer dritten Platte SHEEZUS zu veröffentlichen. Da sie den ganzen Weichspülzirkus trotzdem artig mitmacht, erklingen all die Statements über weibliche Selbstbestimmung ähnlich seicht wie ihr Cover vom Keane-Schmusesong „Somewhere Only We Know“.
Braucht man Lily Allen also nichts mehr abzukaufen? Oder ist es womöglich ein riesiger post-postmoderner Witz, der uns unsere eigene Oberflächlichkeit vor Augen führen soll? SHEEZUS lässt sich in beide Richtungen deuten: Zum einen sind dort die beigen, auf frech getrimmten Popnummern („L8 CMMR“, „Air Balloon“); offensichtlicher Lockstoff für den unbedarften Fan.
Und dann gibt sie zum anderen die selbstreflektierende Weiß-was-geht-Feministin, die Beyoncé und Lady Gaga anbellt, über Monatsblutungen rappt und Internet-Trolling hochnimmt. Die Musik dazu ist fast durchgehend irrelevant: Klimperbeats, simple Synthesizerflächen, ein bisschen Auto-Tune. Das dient allein als Anfahrtshilfe für Allens Reimflow. Nur „Close Your Eyes“, das beste Stück, ist superfrischer, elegant fließender R’n’B-Pop für verschleppte Sommernächte.