Lambchop :: Aw C’mon / No You C’mon
Mach's noch tiefer, Kurt! Das Nashville-Orchester hat sich mit diesen beiden Alben ein wetterfestes Denkmal gesetzt.
Wir erinnern uns der getupften Töne und betrübten Worte, der Stille und Leere, mittels derer Lambchop das Publikum auf ihrem letzten Werk umfingen: is a woman war ja das Album, mit dem Kurt Wagner sich vor der Welt aus dem Staub machen wollte, nicht nur kommerziell gesehen. Die Tastemaker derselben Welt waren sauer, schrieben alsbald Rave-Reviews, die Band erzielte noch nie dagewesene Verkaufszahlen. Was würden Lambchop jetzt mit dem unfreiwilligen Erfolg anfangen? Abtreiben? Austragen? Wieder mal das Konzept umkrempeln, sanft grübeln, einen Satz extrasensibler Streicher bestellen und zur Abwechslung ein paar Witze machen. Aber der Reihe nach. Kurt Wagner macht sich zuerst mal Gedanken über die Gedanken, die uns, seine Käufer, Schnorrer und Immerschongutfinder beim Anblick von awcmon und novoucmon ereilen könnten. Zwei Einzel-CDs auf einen Streich, die nur gemeinsam in einem Package zu kaufen sind, ein ziemlicher Haufen Musik. Kein Konzept-Doppelalbum also: Nimm jede CD, so wie sie ist – die erste ein normales Album, das als Ganzes funktioniert, die zweite dagegen als Songkollektion, aus der sich die eine oder andere Schönheit leicht rauspicken lässt. Es gab eben gerade mal so viele gute Lieder, was sollte er da machen? Die Band, die auf is a woman untergetaucht war, spielt 2004 wieder eine Hauptrolle im Plan des Kurt Wagner. Sie darf sich pudelwohl fühlen, direkt zu Beginn von Album eins in einem Stück „Northern Soul Being Tyler“], und kein Mensch vermisst in diesen bezaubernden drei Minuten den Sänger (das ist nicht das letzte Mal auf diesem Album). „Each Time I Bring It Up It Seems To Bring You Down“ ist ein Spitzentitel aus dem Perfect-Pop-Programm von Mr. Wagner, „Low Ambition“ die pastorale Tieftönerei eines Kettenrauchers – hey Kurt, geht’s noch tiefer, noch rauchiger? Hier geht so vieles so leicht, fast wie im Flug. Vom Rockn’Roll-Overdrive („Nothing Adventurous Please“) bis hin zu den onomatopoetischen Spielereien im R’n’B-Kontext LShang A Dang Dang“]. Sechs Alben ist es inzwischen her, dass Kurt Wagner und sein gentle dozen sich der Befreiung der Country-Musik aus den Klauen der Nashville-Mischpoke angenommen haben. Dass Lambchop dabei und eigentlich ganz unaufgeregt einen eigenen Referenzraum geschaffen haben, aus dem heraus sich fein ziselieren, unfallfrei vor- und rückwärtsbeziehen lässt, geschenkt! Es geht längst nicht mehr nur um Country oder um eine Neubesetzung der Ortsmarke Singer/ Songwriter. Kurt Wagner verfolgt die eigene Klassikerwerdung im Rahmen der Aktualisierung amerikanischer Musik von Platte zu Platte. Das Denkmal steht, wetterfest. Der Himmel über Nashville ist wieder geigenverhangen, das Nuscheln und Lispeln hat wieder einen Namen. Kurt Wagner zimmert sich aus den einschlägigen Zeitschriften ein paar haarsträubende Zeilen zusammen „Women Help To Create The Kind Of Men They Despise“) und legt zwei Fährten via Namedropping. Der Rest ist in Blei gegossene Armchair-Poetry über dies und das zwischen Haus, Hof und Hundeleben, abgedichtet gegen allzu viel Textexegese. Als Absacker sei Track Nummer 8 von CD eins empfohlen, das Instrumental heißt „Timothy B. Schmidt“. Man fährt sicher heim mit dem letzten Eagle.
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