Kristin Hersh – Learn To Sing Like A Star

Auf den ersten Blick wirkt sie, als könne sie kein Wässerchen trüben: Ein zierliches Persönchen. Höflich und zuvorkommend. 40 Jahre alt, Muttervon vier Kindern, glücklich verheiratet und mit einer langen, erfolgreichen Musiker-Karriere. Erst als Sängerin der Bostoner Underground-Institution Throwing Muses, dann als Singer/Songwriterin. Gleichzeitig hat diese Frau aber auch eine ausgeprägte dunkle Seite. Was sich in ihrem Gesang niederschlägt, der immer zwischen Engel und Psycho pendelt, etwas Mädchenhaft-Rührendes, zugteich aber auch etwas Bedrohliches, Gefährliches hat. Wie Sharon Stone in „Basic Instinct‘ – wilder Sex mit anschließender Eisdorn-Behandlung. Und auch ihre Texte sind im wahrsten Sinne des Wortes „spooky“, weil prophetisch. Mit ihrem Nebenprojekt 50 Foot Waves nahm Kristin Hersh den Tsunami in Südostasien vorweg. Auf LEARN to sing like a STAR thematisiert sie wütende Wassermassen, die ihr alles rauben -ein Jahr vor einem Wasserrohrbruch, der ihr Haus ruinierte. Wen das nicht stört, und wer sich ganz auf die Musik konzentriert, der stellt dagegen auch positive Tendenzen fest. Etwa, dass Hersh nicht mehr so ruhig, verhalten und folkig ist wie auf den meisten ihrer sechs Soloalben. Zwar spielt sie (mit Ausnahme der Drums und der Streicher] immer noch alle Instrumente selbst, ist aber eine ganze Spur frontaler und tendiert wieder zu ihren College-Rock-Wurzeln der Mittachtziger, als sie neben den Lemonheads, Meat Puppets und Pixies zu den Speerspitzen neuen amerikanischen Liedgutes zählte. Das wird schon im Opener „In Shock“ deutlich. Da paart sie Streicher-Pathos mit hymnischem Schrammel-Rock, dreht den Verstärker bis zum Anschlag auf und würzt das Ganze mit fragmentarischen Texten, in denen sie ihre Lieblingsmetaphern (Äpfel, Wasser, Diamanten, Eisl bemüht. Berechenbares trifft auf neue alte Frische. Dagegen gleitet sie mit „Nerve Endings“ erneut in melancholische Akustik-Pop-Gefilde ab, schaltet zwei Gänge zurück und gibt sich entrückt bis verträumt. Für Abwechslung sorgen lediglich drei kurze instrumentale Zwischenspiele und zwei Ausflüge in den flotten, subversiven Muses-Rock. „Sugarbaby“ und „Winter“ zeigen, dass Hersh die Symbiose aus Harmonie und Krach immer noch beherrscht. Davon könnte sie ruhig ein bisschen mehr auftischen. VÖ: 16.2.

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