Kokoko!

BUTU

Transgressive/PIAS/Rough Trade (VÖ: 5.7.)

Die Band aus dem Kongo bildet mit ihrer Symbiose aus afrikanischer und experimenteller Musik das Nachtleben Kinshasas ab.

Notorische Kulturpessimisten werden anerkennend mit dem Kopf nicken: Es gibt ja kaum noch etwas, das via Digitalisierung im globalisierten Pop noch nicht ausprobiert worden wäre. Jeder hat die Möglichkeit mit jedem herumzumachen, ehemaliges musikalisches Geheimwissen verbreitet sich mit Lichtgeschwindigkeit, und keine stilistische Fusion ist so abwegig, dass sie nicht doch von irgendjemandem irgendwo irgendwann doch mal ausprobiert werden würde – und dann als Lo-Fi-Video auf YouTube hochgeladen und noch im hintersten Winkel der Welt verfügbar gemacht wird.

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Alles ist möglich und jederzeit. Und da ist für eine Band ein gewisses Alleinstellungsmerkmal von Vorteil. Und über das verfügt die kongolesische Band Kokoko! ohne Frage: Es ist der Einsatz von selbstgebauten und „ready made“ Instrumenten wie Spülmittelflaschen, Keramiktöpfen und Pfannen. Was sich wie ein höheres künstlerisches Konzept liest, ist allerdings aus  der Not geboren. Während im globalen Norden gerne von der Demokratisierung der digitalen Pop-Produktionsmittel geschwafelt wird, sieht das im globalen Süden ganz anders aus. Als sich die Musiker im Jahr 2016 zusammenfanden, konnten sie sich noch keine „richtigen“ Instrumente leisten.

Auf ihrem zweiten Album BUTU läuft alles perfekt zusammen

Was die Musik der Band aus der Demokratischen Republik ­Kongo außerdem von anderen Mischformen afrikanischer und europäischer Traditionen unterscheidet, ist die sprichwörtliche Fusion der Stile. Während andere vielleicht unter das Gegniedel einer E-Gitarre afrikanische polyrhythmische Percussion legen und sich mit einem halbgaren Nebeneinander scheinbar fremder Spielarten zufriedengeben, gehen Kokoko! zwei Schritte weiter.

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Auf ihrem zweiten Album BUTU läuft alles perfekt zusammen. Kokoko! schaffen aus Versatz­stücken afrikanischer Musik und dem gewissen Mut zum Experiment eine Musik, die weder das eine noch das andere sein möchte. Weder Nord noch Süd, weder West noch Ost. Sie hängt ­vielmehr irgendwo zwischen den Welten und hat mit dieser Positionierung tatsächlich etwas Neues zu bieten. Die Tradition steckt hier im Gesang und im Einsatz der Percussioninstrumente, das ballernd Elektronische haben die Kongolesen auf ihrem zweiten Album ein bisschen zurückgefahren.

Neue Alben, die im Juli 2024 erscheinen

Trotzdem kennt die Musik nur eine Richtung: immer weit nach vorne. Das Energielevel auf BUTU ist, auch wenn das kaum zu glauben ist, noch eine Spur höher als auf FONGOLA von 2019. Und das hat hauptsächlich konzeptuelle Gründe. Der Albumtitel BUTU heißt übersetzt aus der Nationalsprache Lingala „die Nacht“. Und das ist die Intention des Albums, es will das chaotische Treiben und die Energie des nächtlichen Hexenkessels Kinshasa, der Hauptstadt des Kongo, musikalisch beschreiben. Man sollte unter dem ganzen Haudrauf dieser stark ereignisreichen Musik, die Kokoko! ganz bewusst als großes Spektakel inszenieren, die subtilen Untertöne nicht überhören. Ein nicht nur rhythmisch, sondern auch kompositorisch und vom Arrangement her komplexes Stück wie „Kidoka“ spielen ­Kokoko! ohne akademische Strenge in ihrer ganz eigenen Lockerheit. Und zum Schluss gibt es mit „Salaka Bien“ einen technoiden Industrial-Track, den die Musiker mit orientalischen Ornamentierungen aufladen.

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