Kenny Barron – The Traveler

In seinen 65 Lebensjahren war Kenny Barron vorrangig Diener vieler Herren. Ob Dizzy Gillespie, und Ron Carter, ob Stan Getz und Chet Baker – alle konnten sie sich aufsein geschliffenes, zupackendes, intelligent facettenreiches und stets leuchtendes Klavierspiel verlassen. Weil aber eben die alte Garde mittlerweile weggestorben ist, macht Barron aus der Not eine Tugend. Als Bandleader hält er für seine Alben nach den größten Talenten Ausschau. Und mit welchen hochfeinen Antennen der Nachwuchs-Scout Barron ausgestattet ist, beweist er auf THE traveler. Da bilden mit dem japanischen Bassisten Kiyoshi Kitagawa und dem kubanischen Schlagzeuger Francisco Mela nicht nur zwei Temperamentsbolzen eine schlichtweg phänomenale Rhythmus-Sektion. Auch auf dem jeweiligen Soloparcours lassen sie keine Zweifel, dass ihnen die Zukunft gehört. Während Mela mit seiner pointillistischen Quirligkeit an den Kollegen Jack Dejohnette erinnert, lässt Kitagawa allein in dem Bop-Power-Stück „Speed Trap“ sein riesiges Bass-Ungetüm mit einer unbändigen Energie hüpfen und springen, wie es weiland der junge Charlie Haden bei Ornette Coleman getan hat. Und als ob das alles nicht schon als musikantische Klasse ausreichen würde, gesellen sich noch Sopransaxofonist Steve Wilson und so manch einnehmende Chanteuse a la Ann Hampton Callaway hinzu, um den Trip zurück in die Goldenen Jazz-Zeiten zu begleiten. So sehr Barron dabei auf eigens komponierte Candle-Light-Balladen, auf Bossa-Jazz, Calypso oder-wie in James Hubert Blakes „Memories Of You“ – auf Ragtime setzt, fügt sich das alles aber nicht zu einem wärmenden Retro-Aufguss zusammen. Kenny Barron zeigt stattdessen, dass man nur ein kluger Kopf sein muss, um über die entsprechenden Inspirationswindungen im Herzen das scheinbar Alte für das 21. Jahrhundert neu zu entdecken.

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