Kein Tamtam für diesen Tag von Lydia Daher

Es ist an sich höchst erstaunlich, dass, obwohl das Terrorregime der Reich-Ranicki-Grünbein-Schrott-Ära noch waltet und die traditionell für Schön- und Hochgeist zuständigen Verlage seit langer Zeit davor zurückschrecken. Gedichtetes in Bücher binden zu lassen, so es nicht von Gernhardt stammt oder mindestens 100 Jahre alt ist,junge Menschen plötzlich nicht nur dichten (was sie wohl immer taten), sondern auch noch Gedichte lesen und sich öffentliche Lesungen selbiger anhören – allerdings eben nicht das, was Eltern, Lehrer und Kulturverwalter dafür halten. Lydia Daher, einst mit rapgereimten Wildheiten die Sensation deutscher Poetry-Slam-Bühnen, inzwischen zur Songwriterin selbstumgeschult und von den Feuilletons gefeiert, hat dazu mit „Beirut Blues“ (2005) ein bisschen, aber zumindest kommerzwirkungsmäßig noch nichtviel beigetragen. Ihr zweiter Gedichtband (mit Auswahllesung auf CD) zeigt einerseits einen gewaltigen Reifungsprozess, andererseits die gewohnte Mischung aus kühler Coolness, dahinter lauerndem Gluteifer, Sprachwitz, treffsicherem Gespür für Melancholie und die Absurdität menschlichen Bemühens um Konvergenz, Kohärenz oder wie immer man das nennen möchte, meinetwegen: Liebe. Beschreiben nutzt wenig, zitieren wir beispielhaft „glückauf untertage“: „ich bin ein bergwerk du bist mein kumpel/ der tag für tag und nacht für nacht/in dunkelkalte schächte sinkt/und Schicht um Schicht den schutt abträgt /weder schmutz noch Steinschlag fürchtend/hoffend dass eines tages licht durchbricht/ durch meine viel zu alten krusten /glaubend dass eines tages raum da ist/für ein echo deiner liebe“

-na?

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