Karate – Pockets

Diese Platte hat auch ihre leicht muckerhaften Stellen. Dann wird an der Elektrischen gezupft wie bei den einschlägigen Meistern dieser Klasse und drüben im Jazz. Mit langem Atem. Sehr gekonnt. Muss man natürlich mögen. Beziehungsweise zumindest nicht automatisch nicht mögen, weil man mit Karate an irgendeinem Rand seiner Wahrnehmung vermutlich eher mittels Jndierock“ musikalisch sozialisiert wurde. Dann geht’s. Und man wird bald feststellen, dass es pure Unbeholfenheit war, die dazu führte, dass diese Band, die es zwischenzeitlich auch auf zehn Jahre Bestand gebracht hat, einst unter „Emo“ abkategorisiert wurde. pockets jedenfalls ist reinster, ähem, Postrockpop, der mit Fug und Recht nicht allzu bescheiden Zeitlosigkeit einfordert. Sowie Raum, Einsamkeit, Ruhe, eine Sonntagnachmittags-Grundstimmung wie aus dem Tagebuch. Auf all das vermag diese Musik dann so fein zu regnen, dass nichts wirklich nass, nur die Luft ganz klarwird. Mal tut sie das monochrom, sehr langsam und erhaben, mit Schlagzeugklacken aus lockerer, geduldiger Hand und prächtigen Gitarren-Akkordwechseln (siehe The Sea & Cake. Built To Spill und vor allem Codeinel zum Hintennachgehen wie bei einer Beerdigungsprozession. Dann wieder überraschend beswingt, mit dennoch verhaltener Lebensfreude, die sich eben nicht selbst feiert. Zu feiern gibt’s auch in Geoff Farinas Texten nicht viel. So wie die Musik von Karate große Gefühle, vor allem aber eine mächtige Ruhe erschafft, indem sie Kleineswirken lässt, nähert sich Farina über Wohnküchen. Dialoge aus eben noch überschaubaren Welten und alltägliche Existenzängste letztlich oft dem Politischen. Ohne dass man pockets eine Sekunde als politische Platte wahrnehmen würde.