Karamel – Schafft Eisland

Es ist immer noch nicht ganz geklärt, welche chemischen Prozesse ablaufen, wenn Zucker bei Temperaturen zwischen 150 und 180 Grad Celsius schmilzt und daraufhin karamellisiert. Nicht nur deswegen ist Karamel ein großartiger Name für ein Musikprojekt wie dieses, denn eingängig, offensichtlich und verständlich ist auch hierauf diesem Album kaum etwas. Die Musikflaniert wie ein spröder Sommertag in uferlosen Weizenfeldern daher(am ehesten zu vergleichen mit Locasln Love, vielleicht auch mit Jens Friebe und dem Hund Marie). Bis sie aufspringt und beißend und kratzend den Hörer anfällt (The Velvet Underground. Ton Steine Scherben), sodass der gar nicht mehr anders kann, als seine Ohren zu spitzen, sein Hirn zu öffnen und Johann, Kopf und Herz des Projekts, hineinzulassen. Was dann passiert, kann gefährlich werden, denn Johann erzählt mit einer entwaffnenden und manchmal schockierenden Direktheit von der Gefährlichkeit des Alltags. Songs tragen Titel wie „Sag mal, Johann…“ „Angst“ und „Schmerz“. Und obwohl hierauf Deutsch und direkt und (auch) über den Alltag gesungen wird, haftet den Texten zu keinem Zeitpunkt diese typisch deutsche Peinlichkeit an. Nein, wenn Johann singt, ist man berührt und bestürzt; ein ganzes Album wie der Locas-In-Love-Song „Egal wie weit“. Was genau hier so berührt, ist immer noch nicht ganz geklärt, man muss es wohl selbst erleben (und das sollte man wirklich tun!). Auf der Website der Band wird Georg Kreisler zitiert: „Lieder können die Welt verändern“ und „Fragen sind nicht da, um beantwortet zu werden“, steht da. und Johann singt: „Die Hoffnung, dass es Plätze gibt, die Wärme spenden können, geht Hand in Hand mit der Angst, dass sie verbrennen“, und so entlässt uns das Album einigermaßen aufgewühlt.

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