Kaizers Orchestra – Evig Pint

Ein wilder Stilmix und das definitive Plädoyer für die etwas andere Oroßfamilie: die Kaizers aus Norwegen.

Einer der Gitarristen hat einen stieren Blick drauf, der ohne weiteres mit Jack Nicholsons besten Fratzen konkurrieren kann. Der Musiker, derwahlweise Harmonium, Keyboard oder Akkordeon bearbeitet, trägt bei der Arbeit schon mal eine asymmetrisch frisierte Perücke, die er hin und wieder abnimmt – um statt der künstlichen Haarpracht eine Gasmaske überzustülpen. Bei Konzerten verpasst Sänger Janove allen Bandmitgliedern den Nachnamen „Kaizer“. Keine Frage: Die Männervom Kaizers Orchestra – selbstverständlich aus Bergen. Norwegen, woher sonst? – sind auf sehr sympathische Weise verhaltensauffällig, aber keineswegs nurauf bloßen Schabernack aus. Das Loch, das sie allesamt gut und gerne in der Mütze haben, wird mit Musik ausgefüllt. Und zwar mit solcher, die sich auf evig pint zwischen Tango, Polka, Düster-Rock, Walzer, Gipsy-Sound, besoffenen Klavieren, schwitzigem Blues und klassischem Bierdunst bewegt. Von wegen: Vor dem Tresen, hinterm Tresen – überall sind Lebewesen. Der Sound, den das Kaizers Orchestra auf den Weg bringt, wird nicht nur mit dem handelsüblichen Instrumentarium, sondern auch allerlei Gerätschaften aus musikfremden Bereichen hergestellt. Pfannen, Töpfe, Autofelgen, Ölfässer. Baseballschläger – und allerlei anderes Gedöns, auf dem sich Krach machen und Rhythmus erzeugen lässt. Dass die Texte dabei ausschließlich auf Norwegisch vorgetragen werden, ist nicht weiter wichtig – von Belang ist vielmehr die Wucht und Dichte von Liedern wie „Hevnervals“ und die Emotionalität von Tränenziehern wie „Min Kvite Russer“: Dadurch erst wird die Beule, die dir das Kaizers Orchestra ins Gefühlszentrum gefahren hat, richtig ansehnlich. Tolle Band – und live noch mal drei Längen besser als auf digitalem Tonträger.