Das dritte Album der kalifornischen Art-Pop-Künstlerin. Diesmal mit richtiger Band aufgenommen.

Vielleicht wird Julia Holter dereinst von der Musikgeschichtsschreibung als Paradebeispiel für den Ausweg aus der von Verzweiflung und Ratlosigkeit gekennzeichneten Musiklandschaft der frühen 10er-Jahre bewertet werden. In einer Zeit, in der entweder hemmungslos die Vergangenheit aufgearbeitet wird oder sich vermeintliche musikalische Innovationen in immer spezialisiertere Subgenres aufspalten, kam Holter mit ihrer Musik, die Pop von einem Avantgarde-Standpunkt aus verhandelt. LOUD CITY SONG ist das dritte Album der 28-jährigen Kalifornierin und das erste, das sie mit einem Ensemble an „richtigen“ Musikern aufgenommen hat. Der latent kammermusikalische Aspekt von Holters ersten beiden Alben TRAGEDY und EKSTASIS tritt auf LOUD CITY SONG durch die Beteiligung der Musiker in den Vordergrund, die elektronischen Atmosphären ein Stück weit zurück, was nicht heißen soll, dass hier keine Ambience vorhanden ist. Die erzeugt Holter teilweise allein durch den Einsatz ihrer Stimme. „Leicht“ in einem Pop-Sinn ist die Musik Julia Holters immer noch nicht, wenn sich etwa das pompöse, überladene „Maxim’s II“, das für ihre Verhältnisse fast schon „hart rockt“, in einen astreinen Freejazz-Track, circa 1965, verwandelt. Daneben steht etwa die Coverversion des 1963er-Hits „Hello Stranger“ der R’n’B-Sängerin Barbara Lewis, den Holter auf ihre Art bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. Die Künstlerin betont – sehr zum Leidwesen der Theoretiker, die sich an der Analyse des konzeptionellen Überbaus ihrer Musik begeilen –, dass weder die Kenntnis von Colettes Roman „Gigi“ noch der Gedichte Frank O’Haras, von denen LOUD CITY SONG inspiriert ist, notwendig seien, um das Album zu genießen. Schaden kann das natürlich nicht.