Joss Stone New York, Irving Plaza
Manche Konzerte sind ein Selbstläufer. Da kann einfach nichts mehr schiefgehen – selbst wenn ein Wolkenbruch die Wartenden fünf Minuten vor Einlass bis auf die Knochen durchnasst. Das wird dann von der enthusiastischen Menge als gutes Omen gewertet, das in seinen tropisch-feuchten Auswirkungen nur positiv zum weiteren Verlauf des Abends beitragen kann. Der Hype, der die Britin Joss Stone seit Veröffentlichung ihres Debüts the Soul sessions umschwirrt, sorgte dafür, dass die knapp 1.000 Tickets im Handumdrehen verkauft waren und Verzweifelte bis zum Vierfachen der ursprünglichen $ 25.- für Tickets boten. Wer dann endlich nass und glücklich drinnen ist, wird nochmals belohnt: Der Mann auf der Bühne verkündet, dieses Konzert werde für eine Live-DVD mitgeschnitten. Das bedeutet zwar einerseits, dass man sich für 90 Minuten jeglicher Ausfälligkeiten wie Stinkefingern und „Show us your boobs“-Rufen enthalten sollte, verspricht aber andererseits auch, dass sich Joss heute Abend besonders viel Mühe geben wird. Nicht, dass das für ein Gelingen des Abends zwingend nötige wäre: Soullegende Betty Wrighl herself kündigt ihren Zögling in bestem „Mr. Dynamite: Jaaames Brown! -Stil dermaßen aufputschend an, dass danach auch die Kasteiruther Spatzen auf die Bühne treten könnten und begeistert empfangen würden. Aber natürlich ist Joss Stone mehr als ein Spatz. Mit ihrer einmaligen Kombination aus blondem Rauschegoldengel und schwarzer Soulröhre ist die gerade mal 17jährige Engländerin ein Glücksfall für die zur Zeit ansonsten eher darbende Soul-Szene. Und wenn sie dann ihren ersten Song anstimmt, wird klar, dass die UK-Presse. die sie als „The New Aretha Franklin“ feiert, hier einmal nicht komplett schamlos übertrieben hat. Die Setlist an diesem Abend setzt sich hauptsächlich aus Songs vom neuen Album mind, body & SOUL zusammen. War das Debüt noch eine Sammlung von Coverversionen, schrieb Joss hier elf der 14 Titel selbst. Freilich halfen dabei ein paar Cracks wie z.B. Lamont Dozier, der die Show cool wippend vom Balkon aus betrachtet. Trotzdem ist es Stones erstes „richtiges“ Album, und um so beachtenswerter ist die Resonanz, mit der das eigene Material vom Publikum aufgenommen wird. Wie alte Bekannte werden die Songs begrünt, und vom Start mit „You Had Me“ weg tanzt und jubelt sich die dampfende Masse durch die ausgefeilte Mischung von Old School-Songs wie „Don’t Cha Wanna Ride‘ bis hin zu Neo-Soul ä la Mary J. Blige („Young At Heart“). Selbst wer sich musikalisch nicht hundertprozentig angesprochen sieht, wird von Stones Bühnenpräsenz überwältigt: im Stile alter Soul-Diven croont und groovt sie sich durch den Set als habe sie die letzte, äh, 17 Jahre? nichts anderes getan. Gut: Zwischen den Songs giggelt sie manchmal wie ein kleines Schulmädchen und haucht, ob des frenetischen Beifalls offensichtlich überwältigt, ein „Oh my gosh!“ ins Mikro. Aber selbst das wirkt nicht blöd und gespielt: Joss Stone IST eben noch ein kleines Schulmädchen. Allerdings das souligste und talentierteste, das die Generation X-Tina derzeit vorzuweisen hat.
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