Joni Mitchell :: Shine
Mit Singer-Songwriter-Jazz und leichter Zornesröte im Gesicht kehrt Joni Mitchell in den Balladen-Ring zurück.
Gerechnet hat man mit ihrem Comeback eigentlich nicht mehr. Schließlich hat Joni Mitchell seit ihrem letzten Studioalbum taming the tiger vor knapp zehn Jahren immer wieder bekundet, dass ihr der ganze Musikbetrieb gestohlen bleiben kann. So ließ sie ihr Erbe nur noch verwalten. Von Fans wie Herbie Hancock, Cassandra Wilson und Prince, die Mitchells Hymnen coverten. Doch als die künstlerische Leitung des kanadischen Alberta Ballets signalisierte, dass man sie mit einer getanzten Biografie verewigen wolle, wählte Mitchell nicht nur die passenden Songs dazu aus. Plötzlich juckte es wieder in ihren Fingern, komponierte sie mit „If“ und „If I Had A Heart“ zwei Lieder, die den Grundstein für ihr neues Album legen sollten. Und als ob in den Jahren der Abstinenz die Zeit zumindest musikalisch stehen geblieben wäre, zeigt sich die Edel-Sirene von ihrer vertrauten Seite. Mit jazz-Drummer Brian Blade. Saxophonist Bob Sheppard sowie Pedal-Steel-Gitarrist Greg Leisz setzt Mitchell auf höchste Balladen-Kulinarik, ist doch jeder der zehn Songs ein glatter Volltreffer. Und gleich das Eröffnungsstück „One Week Last Summer“ entpuppt sich als anschmiegsames jazz-Chanson. Steckt in diesem instrumentalen Song allein Mitchells unbeschadet gebliebene Sensorik für kammermusikalische Pop-Melodien, meldet sich fortan auch die Gesellschaftskritikerin Mitchell zu Wort. In „This Place“ nimmt sie die Umweltzerstörung und Globalisierung ins Visier. Und natürlich bekommt auch die US-amerikanische Kriegstreiberei ihr Fett ab („If I Had A Heart“. „Strong And Wrong“).
Bei soviel Durchblick wundert es umso mehr, dass Mitchell jetzt ausgerechnet beim CD-Label eines amerikanischen Kaffeerösters unterschrieben hat, dem man für seine politisch nicht gerade korrekten Geschäftspraktiken eigentlich in die Tasse spucken müsste.
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