Johnny Flynn

Sillion

Transgressive/Rough Trade

So wie der FC Barcelona kann auch der Folkpop des britischen Schauspielers nicht an jedem Spieltag perfekt sein.

Dass Johnny Flynn auch als Schauspieler sein überaus niedliches Gesicht in die Kamera zu halten pflegt – geschenkt. Dass der Engländer als Musiker auch nur den rumpeligen Folkpop fertigt, der mit dem erstaunlichen Erfolg von Mumford & Sons mainstreamtauglich geworden ist – noch geschenkter. Aber für COUNTRY
MILE sollte Flynn trotzdem heilig gesprochen werden. Das vor vier Jahren erschienene Album war beileibe keine musikalische Revolution, aber jeder einzelne Song besaß eine Melodie, die die schönste war, die man jemals gehört hatte, jedenfalls bis zum nächsten Song. So rund, so leuchtend, so wundervoll und so allumfassend glücklich machend ist SILLION leider nicht geworden, aber selbst der FC Barcelona spielt nicht jedes Wochenende perfekten Fußball.

Flynns sechstes Album (wenn man zwei Soundtracks mitzählt) ist aber eben auch keine 0:4-Klatsche in Paris, sondern immer noch ein vielleicht nicht allzu inspirierter, aber schlussendlich trotzdem sehr souverän heraus ­gespielter 3:1-Erfolg bei Alavés an einem grauen Februarsonntagnachmittag: Die Songs sind gut, aber nicht zum Sterben gut. Die Bläser von „In The Deepest“ hätten nicht unbedingt Not getan, sind aber halt schon schön schräg geworden. Flynn singt mit seiner raspeligen Stimme, dass zwar nicht gleich Steine schmelzen, aber doch zumindest das letzte Eis des Winters. Und hin und wieder kann man den kommenden Frühling schon schmecken, so in dem berückend warmherzigen „Wandering Aengus“, das allerdings, seien wir ehrlich, so sehr an Flynns vier Jahre zurückliegende Sternstunde erinnert, dass es vor allem dazu verführt, COUNTRY MILE noch einmal auflegen zu wollen.

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