Jochen Overbeck :: Lean on Pete

von Willy Vlautin

Die Geschichte eines amerikanischen Jugendlichen karg, aber ergreifend erzählt

Willy Vlautin, der Sänger der Alternative-Country-Band Richmond Fontaine, hat schon in den Romanen „The Motel Life“ und „Northline“ versucht, den verkorksten Leben von Mitgliedern der oft „White Trash“ genannten US-amerikanischen Unterklasse eine Art literarische Würde zu schenken. In seinem dritten Roman ist Charley Thompson, 15, die Hauptfigur. Seine Mutter ist früh abgehauen, von seinen Freunden ist er gerade weggzeogen, seinen Vater sieht er durchs Fenster stürzen, an den Verletzungen wird dieser später sterben. Charley jobbt an der heruntergekommenen Pferderennbahn und freundet sich mit dem Pferd Lean on Pete an – um dessen Leben zu retten, bricht er schließlich auf zu einer Reise mit vagem Ziel. Vlautin gelingt es meisterhaft, die Gedanken des Jugendlichen in Sprache zu verwandeln. Er reflektiert kaum über Vergangenes und Zukünftiges und nimmt gerade genug wahr, um die nächste Entscheidung zu treffen. Wie durch ein Wunder findet er einen Weg durch zahlreiche Begegnungen mit fragwürdigen Leuten und durch immer wieder zuschlagende Schicksalsmomente – Willy Vlautin erzählt Charleys Geschichte mit kargen erzählerischen Mitteln, aber er beschenkt den Leser reich mit ergreifenden Szenen. (BVT, 318 Seiten, 10,95 Euro)