Jimi Tenor – ReComposed

Von Frank Zappa weiß man ja, woher sein Faible für abstruse Klanggestaltungen stammte. Von dem französischen Komponisten Edgard Varese, dessen Werk für den 15-jähngen Zappa eine Offenbarung war. Anno 2006 sorgt Varese posthum für eine weitere Erleuchtung. Denn nun versteht man, welchen Einfluss dieser Pionier in der Musik des 20. Jahrhunderts schon lange auf Jimi Tenor ausgeübt hat. Schließlich hat dieses finnische Sound-Chamäleon auch schon immer Rhythmus-Komplexe beherzt deformiert. Nur ist bei Tenor stets unterhaltsam amüsantes und kunterbunt schrilles Kunst-Easy-Listening herausgekommen. Wie viel Varese nun in Tenor wirklich steckt, lässt sich jetzt nachhören. Dank eines Angebots, dass er nicht ausschlagen konnte. Aus dem prall gefüllten Archiv des Klassik-Labels Deutsche Grammophon durfte er sich seine Favoriten herauspicken und sie durch die eigenen Gehirnwindungen und Synthesizer jagen. „ReKomponieren nennt man ab sofort neumodisch diese Art von Recycling. Und dafür hat sich Tenor neben zwei epochalen Werken Vareses „Deserts“, „Ionissation“) gleich noch Stücke vom französischen Kautz Erik Satie und dem amerikanischen Minimalismus-Paten Steve Reich, von der Avantgarde-Stimme Pierre Boulez sowie von seinem Landsmann Esa-Pekka Salonen ausgewählt, der nebenbei auch noch Chef der Los Angeles Philharmonie ist. Soweit gespannt die herauspickten Klanglandschaften von simplen Tonfolgen bis zur komplexen Orchesterpartitur auch reichen, so zeigt sich Tenor als kenntnisreicher Jongleur, der seine Ehrfurcht gegenüber den Vorbildern in einem eklektizistisch gebastelten Füllhorn versenkt hat. Da wird aus Reichs minimalistisch treibenden „Six Pianos“ ein arabesk-groovendes Zauberstückchen, dem Tenor mit herrlich kitschigen Singsang die Krone aufsetzt. Und während Boulez plötzlich sogar der Techno-Dnve steht, macht Tenor aus Vareses „Deserts“ ein hypertrophes, unheimliches Hörstück, durch das wilde Drum-Beats geschleudert werden. Mit Saties „Vexations Nr. 3“ befindet man sich dann in einer extravagant hippen Jazz-Lounge – und in bester Gesellschaft zwischen all den genialen Querköpfen, zu denen Jimi Tenor längst Zählt.