Jimi Hendrix Experience

Hollywood Bowl | August 18, 1967

Legacy/Sony (VÖ: 10.11.)

Psychedelic, Blues, Rock: Ein überraschend aufgetauchter, toller Mitschnitt aus der Frühphase, erstmals erhältlich.

Die unglaubliche Vehemenz, mit der die Karriere von Jimi Hendrix Fahrt aufnahm, erstaunt noch immer: Im September 1966 als amerikanischer Nobody in London-Heathrow gelandet, erschien im Dezember die erste Single seines frisch zusammengestellten Trios, gefolgt vom Debütalbum im Mai und einer triumphalen Rückkehr in die USA einen Monat später. Nachdem Hendrix dort das Monterey Pop Festival aufgemischt hatte, war der Rest Amerikas fällig, bevor die erste Auslandsreise im August endete.

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Die vorletzte Show ging in der Hollywood Bowl über die Bühne, und sie atmete genau jenes „Ich-zeig’s-euch-allen“, das eigentlich die gesamte Tournee begleitet hatte. Der popkulturell interessierte Teil der amerikanischen Öffentlichkeit begriff tatsächlich erst jetzt, welches unglaubliche Talent man hatte ziehen lassen – und dass dieser ehemalige R’n’B-Begleitmusiker aus Seattle die Unterstützung und kreative Freiheit, die ihm ein britischer Produzent und eine britische Plattenfirma gewährt hatten, auf atemberaubende Weise nutzte. Umrahmt von zwei britischen Sidekicks, namentlich Bassist Noel Redding und Schlagzeuger Mitch Mitchell.

Das Erfreuliche an diesen frühen Shows ist die absolute Unbekümmertheit und schiere Energie

Das Erfreuliche an diesen frühen Shows ist die absolute Unbekümmertheit und schiere Energie, mit der Hendrix zu Werke ging. Davon genervt, zum 237. Mal den Einstands-Hit „Hey Joe“ spielen zu müssen, weil es das Publikum eben erwartete, war er erst in den folgenden Jahren, im Sommer 1967 war alles noch frisch und neu und aufregend. Kollegen wie The Who und Cream hatten das laute, aggressive Bühnen-Powerplay zur Kunstform erhoben und galten als spektakulärste Acts der Saison. Vor diesem Hintergrund wollte auch die Jimi Hendrix Experience beeindrucken, was ihr zweifellos gelang.

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Bei allem Respekt – und bitte ohne überflüssige Diskussionen über kulturelle Aneignungen: Für einen Engländer wie Creams Eric Clapton war der Blues zunächst eine Fremdsprache, die er dank Fleiß, Talent und Liebe zur Musik erfolgreich erlernte, für Hendrix war er Teil der persönlichen Geschichte und musikalischen Identität, kurioserweise aber nur der Ausgangspunkt auf dem Weg in weit abenteuerlichere Klangwelten.

So mächtig ist das Vermächtnis von Jimi Hendrix wirklich

Wir hören also drei Männer Anfang/Mitte 20, die binnen weniger Monate aus dem Nichts aufgetaucht waren und nun zunehmend als Sensation gefeiert wurden. Nahezu weltweit. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass das Repertoire der Experience zu dieser Zeit naturgemäß noch ziemlich limitiert war, Album Nummer zwei sollte immerhin erst im Dezember erscheinen. Nahezu pausenlos auf Reisen, waren die Gelegenheiten, neue Songs zu proben oder gar aufzunehmen, auch eher spärlich gesät.

Ein klassisches Mismatch

Ein paar Kracher aus eigener Feder werden auf HOLLYWOOD BOWL | AUGUST 18, 1967 natürlich geboten, konkret „The Wind Cries Mary“, „Purple Haze“, „Foxey Lady“ und „Fire“, doch Fremdkompositionen spielen noch eine tragende Rolle. Etwa „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ der Beatles, Howlin’ Wolfs „Killing Floor“, Bob Dylans „Like A Rolling Stone“, Robert Petways „Catfish Blues“ und der Garagen-Rocker „Wild Thing“ der Troggs. Von werkgetreuen Coverversionen sollte man allerdings nicht ausgehen, zumal das im Original eher gemütliche „Killing Floor“ bei Hendrix zum Uptempo-Reißer mutiert und „Wild Thing“ nach kurzem Bert-Kaempfert-Zitat („Stranger In The Night“, kurz zuvor ein Hit für Frank Sinatra) gen Ende in eine wilde Feedback-Kakophonie ausartet, bei der sich Mitchell einen Wolf trommelt.

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Die hörbaren, erstaunlich verhaltenen Publikumsreaktionen dürften der Tatsache geschuldet sein, dass ein Großteil der Zuschauer in die Hollywood Bowl geströmt war, um dem harmonisch-sonnigen Radio-Pop der Headliner The Mamas And The Papas zu lauschen, zu dem Hendrix’ harsche Blues-Dekonstruktionen dann doch in maximalem Kontrast standen. Bei vier Shows dieser Tournee hatte er sogar für die Teenie-TV-Attraktion The Monkees eröffnen müssen, was bei den jungen Menschen Anfang 10 für einige Irritationen sorgte sowie lautstarke Proteste elterlicher Begleitpersonen nach sich zog. Ein klassisches Mismatch. Amerikas Bootlegger-Szene war zwar bereits Ende der Sechzigerjahre überaus aktiv, zumal einige Bands, ganz dem antimaterialistischen Hippie-Ethos folgend, das Mitschnittwesen sogar aktiv förderten, doch diese Show in der Hollywood Bowl erscheint nun tatsächlich zum ersten Mal. Wahlweise auf CD oder Vinyl.

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