Jessica 6 :: See The Light

Peacefrog/Rough Trade

Von Soul zu Disco zu House: das Debütalbum der Band der ehemaligen Sängerin von Hercules & Love Affair

Nicht wenig vom Zauber der Version eins von Andy Butlers Disco-House-Projekt Hercules & Love Affair ist von Nomi Ruiz ausgegangen, jenem fantastischen, außerweltlichen, angeblich 24 Jahre alten Transgender-Wesen. Nomi hat sich bereits vor längerer Zeit selbstständig gemacht und Bassist Andrew Raposo und Keyboarder Morgan Wiley aus der Liveband von Hercules & Love Affair mitgenommen. See The Light, das Debütalbum von Jessica 6, bedeutet einen weiteren Ausflug in die Neo-Disco – Disco wieder einmal als hedonistisches, liberales Lebenskonzept, frei von Vorurteilen gegenüber Geschlecht, Rasse, Alter, sexueller Orientierung. Doch schwingen bei der Musik von Jessica 6 auch ein paar düstere Untertöne mit, vielleicht weil dieses freiheitliche Lebenskonzept auch heute noch nicht von jedem anerkannt wird. Das Programm reicht von den mittleren bis späten Siebzigerjahren, als die Übergänge zwischen Soul und Disco noch fließend waren („Freak The Night“), bis hin zum Vintage-Disco-House der frühen Achtziger („Prisoner Of Love“ mit Gastvocalist Antony Hegarty), dazwischen schieben Jessica 6 alles, was auf der Tanzfläche recht ist – „Good To Go“ mit Funkbass und extrem poppigen Feel, plus das bittersüße „Fun Girl“, die erste Single von Jessica 6 vom Frühjahr 2009 in einem neuen Mix. Das ist schön und gut als Soundrekonstruktion, in der Instrumentierung und im Gesang, aber es funktioniert nicht auf einer Metaebene wie es die Musik von Hercules & Love Affair getan hat. Jessica 6 weisen nicht über das Genre, das sie repräsentieren, hinaus.

Miles Kane