Jennifer Gentle – The Midnight Room

Normalerweise werden für solche Platten osteuropäische Orchester mit schwer aussprechbaren Namen angemietet, berühmte Produzenten aus dem Vorruhestand gelockt und ein Haufen hochinspirierter Gastmusiker zum kulturellen Kehraus geladen. Marco Fasolo aber hat The Midnight Room im Alleingang gemacht, er hat alle Songs geschrieben, aufgenommen und produziert. Früher hätte man das als Rock-Oper verkauft mit einem „Influenced by Kurt Weill“-Sticker, ein Top-Kandidat für die „Experimental“-Ecke bei Zweitausendeins. Heute steht Jennifer Gentle drauf, der Name ist kaum Programm: Das zweite Sub-Pop-Album der italienischen Psych-Popper ist allein der bizarren Phantasmagoria ihres Sängers und Songwriters geschuldet. Fasolos Nachtwanderungen finden in einem privaten Horrorkabinett mit grellen Fratzen und Stimmen aus dem Jenseits statt. Wir hören das enervierende Scheppern der Gitarren, ein Schnarren, ein Zetern und Pfeifen, und die großen, wulstigen Chöre – die Melodien fahren durch schlecht beleuchtete Korridore, hinter denen sich Sounds direkt aus unserer Lieblingsgruft auftun. Hui, spukt das. Fasolo hat seinen Rock’n’Roll in Scheiben geschnitten, aufgerollt, zu durchaus raffinierten Häppchen gedreht, luftgetrocknet und mit einigen kabarettistischen Extras versehen. Über die Strecke von knapp 4O Minuten ist das etwas viel des Guten. Darf man vielleicht Konzeptalbum dazu sagen? VÖ: 18.6.

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