Jennifer Egan :: Der größere Teil der Welt: Hakenschlagend durch 50 Jahre Scheitern
Pulitzerpreisgekrönter Roman aus dem Musikmilieu
Von der Gitarre auf dem Cover dieses Buches sollte man sich nicht irritieren lassen. Musik spielt nur eine Nebenrolle, auch „Popliteratur“ trifft nicht den Punkt. Natürlich arbeiten die beiden wichtigsten Protagonisten in der Musikbranche. Bennie Salazar entwickelt sich vom Punk-Kid zum erfolgreichen Musikproduzenten und Inhaber einer Plattenfirma, der sich in einem New Yorker Edel-Vorort niederlässt. Seine Assistentin Sasha kämpft derweil mit einer eigenartigen Form der Kleptomanie. Die beiden tauchen immer wieder auf, aber dienen nur als Anker für eine Geschichte, die auch andere Milieus streift. Über 13 Episoden, die zeitlich keiner linearen Ordnung folgen, aber fast 50 Jahre überspannen, schildert Jennifer Egan das Leben Salazars und anderer Menschen, die nicht mehr an den klassischen Entwürfen des bürgerlichen Amerikas teilnehmen wollen oder können. Da findet sich ein Boulevardjournalist, der beim Treffen mit einer Schauspielerin austickt, eine PR-Managerin, die plötzlich einem irren Diktator dient, einen alternden Protestsänger. Da wird von teuren Reisen durch die afrikanische Wüste, von abgesifften Punk-Läden, von Therapiesitzungen, Partys und Drogen erzählt. Manchmal muss man an Bret Easton Ellis denken. Doch dessen Zynismus ist Egan fremd, sie begegnet ihren schrillen Charakteren mit einer fast zärtlichen Empathie. Die Haken schlagende Erzähltechnik mag den Leser fordern, vor allem wenn gegen Ende recht unvermittelt die Perspektive gewechselt wird und man sich in einem ganz anderen Medium wähnt – ein Teil der Story wird anhand einer von einem Kind verfassten Powerpoint-Präsentation erzählt – und schlussendlich noch Zukunftsvisionen um die Ohren gehauen bekommt. Doch lässt man sich darauf ein, funktioniert dieser Schluss als Ende eines großen Bogens, als Vorschlag, wie es sein könnte – und als Finale eines herzerwärmenden Buches, das eher Geschichtensammlung als Roman ist, ohne jede Klischees auskommt und gerade deswegen so sehr berührt.
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