Jean-Claude Vannier :: Electro-Rapide
Die Eloquenz der Musik. Der Orchesterpop-Komponist verlieh seinen Post-68er-Tracks die Sprache der Fantasie und Progressivität.
Für die Gemeinde der Frankophonen ist Jean-Claude Vanniers Name in Stein gemeißelt. Der in der Nähe von Paris geborene Komponist und Arrangeur wird zeitlebens mit Serge Gainsbourgs vor Kurzem wiederveröffentlichten Meisterwerk Histoire de Melody Nelson in Verbindung gebracht werden. Dass der Franzose noch weit mehr zu bieten hat, davon künden die 14 Beiträge auf dieser Zusammenstellung des Finders-Keepers-Labels: Jean-Claude Vannier zählte in seiner Heimat zu den Agenten des popmusikalischen Wandels, in seinen innovativen Orchestertracks wurde der Beat der Sixties von den progressiven, konzeptuellen Elementen der Popmusik der 70er-Jahre nahtlos abgelöst. Electro-Rapide dokumentiert über die knapp bemessene Strecke von 24 Minuten vor allem den Erfindungsreichtum Vanniers. Es gibt hier die von ploppenden Bass-Riffs angeführten frankofunky Tracks, die aus dem direkten Umfeld von Melody Nelson zu stammen scheinen, die, ganz aufs Essenzielle beschränkt, die Eloquenz der Musik feiern. Wir hören aber auch seltsame kleine Kindermusiken für verbogene Flöten, orchestrierten Protest gegen die Todesstrafe („Claquez Klaxons“) und einen Chor aus werdenden Müttern, die schmerzfreie Geburtstechniken zu Gehör bringen („Le Ballet Des Accoucheuses“). Der aus Vanniers Privatsammlung stammende, bislang unveröffentlichte erste Track, „Bombarde Lamentation“, ist so etwas wie die französische Antwort auf Ennio Morricones Soundtrack zu „Once Upon A Time In The West“: Irgendwo tief im Inneren dieser Musik spielt die „Bombard“, eine traditionelle bretonische Oboe, und dieses Lied könnte zu gut ein Lied vom Tod sein. „Je M’Appelle Géraldine“ zählt zu jenen Tracks, die man immer schon gekannt haben wollte, so ein melancholisch dahingeorgeltes Stück Keyboardpop, das zu einem großen Filmhit der 70er-Jahre gehören muss. Irrtum, Jean-Claude Vannier dachte sich diese Musik für ein Drama aus, das noch jeder Bebilderung harrt. Im Booklet zur CD erklärt der heute 68-Jährige, dass ihm die Melodien im Traum zufielen: „Das ist sehr ermüdend, ich wache auf, gehe zum Tisch, schreibe etwas auf Papier, kehre zum Bett zurück, um wieder schlafen zu können.“
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