Jasmin Tabatabai – I Ran

Jasmin Tabatabai ist vorsichtig. Sie weiß, dass sich ein Künstler, der das Fach wechselt, schnell der Lächerlichkeit preisgibt. Schließlich hat sie schon häufig gesungen, komponiert und dabei erfahren, dass rockende Schauspieler bei den Kritikern ähnlich hoch im Kurs stehen wie Oldie-Feten mit den Tremeloes. Aus diesem Grund legt sie die Messlatte für ihr zweites Soloalbum bewusst tief, will eigenem Bekunden zufolge weder die Charts stürmen noch endgültig auf Popstar umsatteln. Und schätzt sich damit sehr realistisch ein. Denn mehr als ein paar unterhaltsame Minuten schenkt Tabatabai ihren Hörern nicht. Das lässt schon das Intro zum ersten Song erahnen. Der startet mit einer hüpfenden Old-School-Basslinie, die an typische Eighties-Phänomene wie Vixen und Heart erinnert; zwei Bands, die das Genre des Frauenrock nicht unbedingt bereichert haben. Kein guter Start also, wollte Jasmin Tabatabai mit I Ran in Szenekreisen punkten. Ein guter Start jedoch, um klarzumachen, wohin die Reise geht: Jasmin Tabatabai wandert in derzeit zurück und verlässt dabei den Mainstream nicht. So macht sie Zwischenstopp beim Lollipop-Indie der Jahrtausendwende mit seinen Gute-Laune-Chören und albernen Hooklines, fördert längst verjährte, schnurgerade Beats zutage, wie sie im Eurodance der 90er-Jahre Verwendung fanden, und landet schließlich beim Gitarrensolo der späten Hardrock-Ära. In seiner Gespaltenheit spiegelt der wilde Stilmix auf I Ran das Helfertrio wider, das Tabatabai für die Aufnahmen zu sich ins Studio geholt hat: Mit Schauspielkollegin Nicolette Krebitz etwa schrieb sie die fluffig-weichen Retro-Pop-Nummern, mit ihrem Ehemann, dem Gitarristen Tico Zamora, erging sie sich in Classic-Rock-Posen, und gemeinsam mit Rolf Ellmer von Jam & Spoon tauchte sie gerade so weit in die Welt der Elektronik ein, dass ihre Haare nicht nass wurden. Wie gesagt: Jasmin Tabatabai ist vorsichtig.

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