Jan Garbarek/The Hilliard Ensemble :: Officium Novum

ECM/Universal

Ambient-Musik jenseits der Kategorien: Das Sequel eines Mystik-Supersellers.

1994 landete Manfred Eicher, gestrenger wie genialer Kopf des Jazz- und Neue-Musik-Labels ECM, mit einer Zeit- und Stilgrenzen überschreitenden Idee einen Volltreffer: Er ließ den norwegischen Saxofonisten Jan Garbarek über Renaissance-Motetten, gesungen vom britischen Vokalquartett The Hilliard Ensemble, seine weitausgreifenden Linien improvisieren. Ein paar Klassikpuristen im Feuilleton schäumten, aber eine überraschend breite Hörerschaft machte das Werk zum zweiten ECM-Bestseller neben Keiths Jarretts the köln Concert. Ein zweites Album, Mnemosyne, folgte 1998 mit ähnlichem Erfolg. Mehr als ein Jahrzehnt später kommt das norwegische-britische Joint Venture nun mit einem Album, das das Konzept mit verändertem Fokus fortführt. Diesmal stehen hauptsächlich Werke von Komponisten wie Komitas Vardapet, Nikolai Kedrow und Arvo Pärt im Blickfeld, die die Musik der Ostkirchen in einen modernen kunstmusikalischen Zusammenhang transportieren. Wieder interpretieren die vier Sänger hier und improvisiert Garbarek dort. Mitunter klingen seine Sopran-Phrasen wie ferne Möwenschreie über den aufwogenden dunkleren Männerstimmen. Das ist alles noch ein gutes Stück inwendiger und mystischer als bei den beiden Vorläuferalben, bleibt gerade klanglich höchst faszinierend – und dürfte nicht zuletzt bei Hörern von Dead Can Dance, Sigur Rós und David Sylvian auf offene Ohren stoßen.

www.ecmrecords.com