Huah! – Schein Kapitalismus

Huah! – die Story ging weiter … Zumindest kam nach was machen huah! jetzt?, dem albernen und wahrhaftigen Debüt der Hamburger (vormals Ditmarschener) Kapelle aus dem Umfeld von eben all diesen Hamburger Kapellen, ein zweites Album: scheiss Kapitalismus – eine Referenzplatte für schräge Töne in den 9Oern. Emsig von Kritikern diskutiert, mit reichlich Interpretationsversuchen belästigt und von opion leadern und Magazin-Vollschreibern bald so eifrig zitiert, wie Huah! auf scheiss Kapitalismus selbst unverfroren draufloszitierten, als würde das morgen von der Copyright-Zensur verboten werden – nur gekauft hat die Platte leider keiner. Die Chancen hatten da fürs Debüt vielleicht sogar noch besser gestanden (welches allerdings auch schon keiner gekauft hatte): was machen huah! jetzt? war eindeutiger, mehr Tanzmusik, die seltsamen Reime einfacher und Slogans häufiger auftretend, weniger Gegniedel. Denn davon hat es auf dem zweiten Album ein bisschen viel; offensichtlich wurde ein großer Teil der (nichtsdestotrotz: Pop-)Songs in Jam-Sessions erspielt, das Kraut sprießt aus den Fugen, doch wo Platz , für Can ist, ist bald auch noch Platz für. ähem, Broselmaschine und Grobschnitt (und das 1992!). Auch wenn uns im CD-Heftchen erzählt wird, wieviele Gags und Zitate in diesen Songs versteckt sind (S.Y.P.H., ATribeCalled Quest, VU, Smokey Robinson, Lassie Singers, Abba und Happy Mondaysl, und obwohl Punkrock in Krachern wie „Ohne Titel“ und „Hallo Paul“ weiterhin eine große Rolle spielt und sich Knarf Rellöm in Songs wie „Mein Baby verließ mich“ seiner aufkeimenden Liebe zur eigenwilligen Lieder- und Schlagermacherei hingab: scheiss Kapitalismus ist gerade deshalb so doll Referenzplatte, weil sie Rockmusik aus Deutschland (inkl. so manchem Missverständnis! von Can über Trio bis hin zu den Ärzten nachvollzieht, ihr nachspürt, sie weiterspinnt. Schon im Zuge der Albumproduktion nahmen „künstlerische Differenzen“, die bei Huah! bestimmt nicht nur eine Ausrede für die finale Pressemitteilung darstellten, weiter zu. Und bald war diese Band Geschichte. Die mit der Wiederauflage dieser Platte allerdings sogar ein Stück bzw. für ein Stück weitergeschrieben wird: Neben dem Bonusvon drei Outtakes/Compilation-Beiträgen iu. a. der großartige, von den Zitronen gecoverte „Krieg-Song“ hören wir eine Liveaufnahme des 2005 bei einem Reunion-Gig aufgenommen Songs „Die 10-Uhr-Show“ sowie ein brandneues Lied: „Love Is The Greatest Thing“ stellen Knarf, Sonny, Bernadette La-Hengst, Rebecca Giese und Mense Reents mit Absicht und gutem Recht an den Anfang von scheiss Kapitalismus. Ein prächtiger Echtholz-Monster-Boogie samt Zeit-dass-das-mal-einer-singt-Botschaft ist das. Hey. die sollen bitteschön unbedingt weitermachen.

VÖ: 6.10.