Holy Fuck – LP

Keine Frage: Die Wortspiele werden kommen. Heilige Scheiße, sind die durchgeknallt etc. pp.. Jenseits derlei mangels besserer Alternativen erwogener Einleitungserwägungen sind Holy Fuck aber tatsächlich eher nicht die ideale Besetzung für sonntägliche Matineen-und für eindeutige Kategorisierungen schon gar nicht. Dabei geht’s noch recht verhalten mit dem launigen Boogie „Super Inuit“ los. Der verliert freilich innerhalb kürzester Zeit seine Jean-Michel-Jarre-haftigkeit an ein krudes Electroclash-Speed-Metal-Armageddon from hell und auch danach veranstalten die im Wesentlichen für Holy Fuck verantwortlichen Brian Borcherdt und Graham Walsh ein infernalisches Gebolze der Sonderklasse. Schmerz und auch sonstige Grenzen interessieren die Kanadier offenbar wenig, drastische körperliche Unmittelbarkeit dafür umso mehr. Eindeutig positioniert, und zwar im Rock, sind sie indes schon. Weshalb Vergleiche mit Daft Punk und den Chemical Brothers zwar grundsätzlich legitim sind, letztlich aber zu kurz greifen, weil: Wo rein elektronische Acts wie die Daft-Punk-Adepten Justice sich nur den Posen des Rock’n’Roll bedienen, spielen Holy Fuck Elektro mit den Mitteln einer Rockband, also mit Schlagzeug und Gitarren, und zwar vielen Gitarren. „Lovely Allen“ etwa ist The Who auf Chrystal Meth bzw. „Won’t Get Fooled Again“ im Schleudergang. Generell bedeutet hier in Abwandlung des bekannten Oxymorons mehr grundsätzlich mehr: Mehr Distortion, mehr Bombast-Getrommel, mehr durch unzählige Filter und Effekte gejagte kreischende Billo-Casios. Angetreten sind Holy Fuck vor drei Jahren angeblich um die elektronische Musik zu revolutionieren ohne sich ihres Instrumentariums zu bedienen. Und so hört man auf lp nun keine Computer-generierten Sounds, stattdessen aber ein ganzes Panoptikum seltsamer, überwiegend Keyboardinduzierter Geräusche über einem klar definierten Grundkonstrukt, die in Krautrock-philosophischem Experimentier-und Improvisationsgeist allem unterzogen werden, was an Klangverfremdung so geht. (Un-)heiliges Geballerhalt.

www-holyfuckmusic.com