Hollywood heute von Thomas Elsaesser

Der schlichte Titel und die populäre Aufmachung des Buches täuschen leicht darüber hinweg, dass wir es hier mit einem streng wissenschaftlichen Werk zu tun haben. Hollywood und Blockbuster, wissenschaftlich und auch noch streng? O ja! Thomas Elsaesser, Professor für Filmwissenschaft, beweist durch enorm tief gehende Analysen einiger postklassischer Streifen wie „Die Hard“, „Pulp Fiction“ und „Memento“, dass diese Filme weit gehaltvoller sind als allgemein angenommen. Und mitunter komplett falsch verstanden wurden. Am eindruckvollsten gelingt ihm dies bei „Die Hard“ (USA 1988) – der Film wurde von der Kritik recht zwiespältig aufgenommen; zwar lobte man die handwerkliche Perfektion der Actionszenen, mokierte sich aber über die angeblich dünne Story, scheinbare Ungereimtheiten im Drehbuch und Gewalt als Selbstzweck. Ein Krawallfilm für Männer eben, aber wenigstens gut gemacht. Elsaesser zeigt, wie falsch die Kritiker lagen und wie oberflächlich sie zu Werke gingen. Ein anderer Fall von Missverständnis und einseitiger Interpretation war „Forrest Gump“ (USA 1994), der als reaktionär und geschichtsverfälschend gescholten wurde, wobei völlig andere, gewichtigere Botschaften übersehen und unterschlagen wurden. Fast allen neuen Genrefilmen aus Hollywood wird unterstellt, dass auf Kosten der Narration in Spezialeffekte investiert werde und somit das Kino zum reinen Spektakel verkomme. Hier erfahren wir, warum diese und andere Unterstellungen schlichtweg falsch und wodurch sie motiviert sind. Elsaesser macht es dem Leser nicht leicht in seinen Abhandlungen, mit einem annähernden Overkill an Information, die man unmöglich „so nebenbei in der U-Bahn“ verdauen kann. Ist man jedoch bereit, sich mit den Texten konzentriert zu beschäftigen, ist die Lektüre außergewöhnlich bereichernd. Zudem lernt man, die Bildsprache des postklassischen Hollywoodkinos neu zu interpretieren; insofern: ein Muss für Filmkritiker. Witzigerweise bedankt sich der Autor im Vorwort bei seinem Lektor, dass dieser seine Texte deutlich verständlicher und lesbarer gemacht habe. Ich wage mir die Rohfassung dieser Artikel nicht vorzustellen …