Herr D.K.
Was mach ich mit meiner Zeit
Tapete/Indigo (VÖ: 17.2.)
Henning von Hertel rettet das Lied – und lässt es klingen, als sei das ganz einfach.
BELEUCHTET DEN HINTERGRUND hieß das Debüt von Herr D.K., das Cover tiefschwarz, das Album versank im Corona-Loch. Der Nachfolger trägt den Titel WAS MACH ICH MIT MEINER ZEIT, leuchtet hell in Weiß und man wünscht ihm alle Aufmerksamkeit. Denn Henning von Hertel, der seine Brötchen als Mitarbeiter des Hamburger Labels Tapete verdient, gelingt nichts weniger als die Ehrenrettung des deutschsprachigen Liedes.
AmazonAls wollte er illustrieren, wie schwer das eigentlich ist, und wie leicht es ihm fällt, singt er im Opener „Verscheuche die Erinnerung“ die Zeilen: „Wenn es nur so harmlos wär, wie es sonst immer beginnt / Stünd ich hoch regungslos nackt im Wind, wo die Angst verschwimmt.“ Menschen, die alt genug sind, fällt da natürlich „Nackt im Wind“ ein, die schlimme Antwort des deutschen Pop Mainstreams von 1985 auf das Band-Aid-Projekt. Aber so, wie Herr D.K. das singt, ist es nicht mehr nur kein Zitat, nicht mal tongue in cheek, ja sogar plötzlich ein stimmiges Bild.
Und so geht es einfach immer weiter um Beziehungen und Freundschaft, um Lebenskrisen und das Weitermachen, ums Loslassen und Selbstzweifel, um die Liebe und, ja, das Leben. Die Poesie kommt so unprätentiös wie exakt daher, so elegant wie der sanft hingetupfte, sehr groovige, wunderwarmweiche Yacht-Pop, der sie begleitet, und zugleich so lakonisch wie die Stimme, die große Gefühle kann, ohne ironischen Sicherheitsabstand zu brauchen oder ins Pathos zu fallen. Sicher, da hat einer seine Hamburger Schule studiert, aber sich eben auch von ihr emanzipiert und seine eigene Stimme gefunden.