Hailu Mergia
Lala Belu
Awesome Tapes From Africa/Cargo
Der fast in Vergessenheit geratene alte Mann des Ethio-Jazz überrascht nach Jahrzehnten mit einem neuen Album.
Ungefähr fünfzehn Jahre sollen vergangen sein seit dem letzten Studioalbum von Hailu Mergia. So steht es zumindest auf dem Beipackzettel zu LALA BELU geschrieben. Die Suche nach diesem, die große Pause einläutendem Werk bleibt allerdings erfolglos. Also wird bei Brian Shimkovitz nachgefragt, dem Gründer des US-Labels Awesome Tapes From Africa. Tatsächlich veröffentlichte Mergia damals ein (vermutlich: awesome) Tape in Eigenregie, das aber fast niemand besitzt. Womit das letzte offizielle Album eher 40 Jahre zurück liegt, aus den goldenen Zeiten von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, wo Mergia unter anderem mit Mulatu Astatke in den Nachtclubs der besten Hotels auftrat. Dann stürzte eine sozialistische Militärdiktatur 1974 Kaiser Haile Selassi und das Land ins Elend. Hailu Mergia setzte sich dann während einer Tour durch die USA mit seiner Walias Band ab und arbeitete als Taxifahrer in Washington, D.C.
Seine Wiederentdeckung durch die Neuauflagen alter Platten haben viel zu tun mit dem Soundtrack von Astatke zu Jim Jarmuschs 2005er-Film „Broken Flowers“, der den Ethio-Jazz wieder in den Fokus rückte und die beiden Koryphäen zurück auf die Bühnen holte. LALA BELU war deshalb überfällig. Die Backingband des 1946 geborenen Keyboarders und Akkordeonspielers besteht nicht mehr aus sechs bis sieben Musikern, inklusive Bläsern, sondern dem Percussionisten Tony Buck von den empfehlenswerten Avantgardisten The Necks sowie dessen australischem Landsmann Mike Majkowski am Bass.
Der Charme der alten Tage, die eleganten und warmen Sounds, stark geprägt von den analogen Tasteninstrumenten, treffen nun auf die Moderne. Das funktioniert auf LALA BELU meistens, aber leider nicht immer. Der zehnminütige Opener „Tizita“ wäre da ein Beispiel. Das instrumentale Stück beginnt als Reise in die Vergangenheit, um ohne Vorwarnung in die Zukunft zu drehen, erhöht das Tempo und hinterlässt ein ambivalentes Gefühl. Die Stärken des Albums liegen dort, wo Mergia über die Tasten flaniert und sich sein leicht psychedelisches Keyboardspiel in den Vordergrund drängt und sich die beiden Begleiter zurücknehmen. Was sie zum Glück dann auch meistens machen.