Gonzalo Rubalcaba – Avatar

Manchmal dauert es etwas länger, bis man den Dreh bekommt. Im Fall von Gonzalo Rubalcaba mussten erst einmal zwölf Alben eingespielt werden, um jetzt mit der 13 die Glückszahl zu ziehen. Bis dahin war der künstlerische Ziehsohn von Bass-Legende Charlie Haden zwar schon mehr als erfolgreich. Mit seinen stramm zu packenden, sensationell flinken Klavierfingern hat der 44-jährige Wahl-Amerikaner mit kubanischen Wurzeln die afro-amerikanische Jazzlinie schnörkellos abgearbeitet. Doch nun mussten erst vier junge New Yorker Musiker kommen, um Rubalcaba richtig zu fordern. Dass allein von den sieben Kompositionen ein einziger Track von ihm und der Rest von Saxophonist Vosvany Terry und Bassist Matt Brewer stammen, spricht schon Bande für die Verwandlung des Bandleaders Rubalcaba zum Teamplayer. Und gleich der Opener „Looking in Retrospective“ gibt die Marschrichtung vor. Der Latin-Groove schlabbert nicht einfach mainstreamig vor sich hin, sondern wird in bester Free-Funk-Tradition zur polyrhythmisch komplexen Studie. Und die ständig hineinfahrenden, markant-eingängigen Bläser-Fanfaren besitzen in ihrer Grenzüberscheitung von Modern Jazz zu Fusion jene unbeschwerte Klasse, die man aktuell nur dem Dave Holland Quintet attestieren darf. Rubalcabas Hommage an John Mc Laughlin, „Infantil“, ist der genaue Gegensatz zum Titel. In diesem zwischen Bebop und Jazz-Rock eingehängten Track brennen fast die Sicherungen durch. In „Hip Side“ setzen Saxophonist Terry und Trompeter Mike Rodriguez ihre Markierungen im Stoßfeuer-Takt, als wären sie in die Lehre von Steve Coleman gegangen. Drummer Marcus Gilmore präsentiert sich mal als muskelbepacktes Tier, mal als feinfühliger Rhythmiker. Und Gonzalo Rubalcaba? Noch nie hat sein Spiel so reich und gleichzeitig so authentisch geklungen.

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