George Harrison
All Things Must Pass
George Harrison war immer so etwas wie ein Stiefkind unter den Beatles. Mit seinen eigenen musikalischen Ideen hat er meistens nicht die Anerkennung der breiten Masse gefunden, die er sich sicherlich insgeheim erhofft hat. Seitdem aber nach der Trennung der vier jeder darauf bedacht ist, seine eigene musikalische Resonanz zu spüren, kommt, so scheint es mir, George Harrison diesem Verlangen noch am nächsten. Der beste Beweis war die Single „My Sweet Lord“. Leuten, die Bescheid wussten in der Branche, war es schon klar, was mit dieser Single auf die vielen heimlichen und öffentlichen Harrison-Fans zukam.
Mit seinem Triple-Album „All Things Must Pass“ sahnt Harrison die ganzen Symphatien alleine ab, die vorher durch vier geteilt werden mussten. Ob er darüber glücklich ist, steht auf einem anderen Tablett, glücklich hat er, und das ohne Frage, seine Verehrer gemacht und viele die aufgrund dieser 3 LP’s demnächst ihre Stimme für Harrison abgeben.
Es war eine schwere Geburt. Nun, aber wo das Kind da ist, kann man jedem zeigen, was es doch für ein Prachtkerl geworden ist, nachdem man vor neun Monaten mit der Produktion begonnen hatte. „All Things Must Pass“ hat zwar nur einen prominenten Vater, der von 24 Titeln 19 komponiert und getextet hat, aber auch viele prominente Geburtshelfer. Ich denke da an Eric Clapton, Gary Wright (Spooky Tooth), Klaus Voormann (Plastic Ono). Dave Mason (Traffic) und viele andere. Insgesamt sind es über 20 hervorragende Solisten, die auf diesen LP’s eine grossartige Einheit bilden. Trotz diesem Aufgebot ist Harrisons Eigenart, Songs zu schreiben, nicht zu verkennen. Damit hat er sich seine Symphatien erobert und das liegt klar auf der Hand. Textlich sind es banale Alltäglichkeiten von denen er spricht, Umwelt, Gott, Geld, Liebe und Verständnis. Aber sind es nicht gerade die Alltäglichkeiten mit denen wir uns herumschlagen müssen und ein George Harrison nicht minder, wenngleich er auch besser damit fertig wird. Das Papier würde nicht reichen, wenn ich nun jeden Titel berücksichtigen würde. Deshalb möchte ich mich auf die wesentlichsten beschränken. Bei „Art Of Daying“, Seite 4, 2. Titel, erfährt man eher die Kunst Musik zu machen, als die Kunst zu sterben. Dass bei diesem Titel Clapton mit von der Partie ist, ist schwerlich zu überhören. George Harrison und Eric Clapton lösen sich im vollsten Einverständnis ab, ohne dass einer dem andern musikalisch ins Gehege kommt. Das ist auch ein Punkt, der mir an diesen LPs so gut gefällt. Es fehlt scheinbar die Rivalität untereinander, weil sich jeder darüber im klaren ist, ein guter Solist zu sein. Alle stellen ihre instrumenteile Potenz der Sache zur Verfügung, etwas ausser- und zugleich ungewöhnliches zu produzieren.