Auf ihrem Comeback-Album schließen die Alternative Rocker Frieden mit der Vergangenheit. Altersmilde klingen sie deswegen trotzdem nicht.

„Motherfucker“ – die Vorab-Single zum Comeback-Album von Faith No More wirkte wie eine Kriegserklärung. Wer solch einen Titel wählt, zählt nicht auf Airplay. Radiofreundlich ist der Song sowieso nicht: Keyboarder Roddy Bottum rappt sich zu einem minimalistischen Beat in Rage. Bevor das Stück richtig in Fahrt kommt, ist es schon wieder vorbei. Jede Plattenfirma hätte da wohl Zeter und Mordio geschrien. Gut, dass Faith No More nicht mehr auf Plattenfirmen angewiesen sind. Ihre Comeback-Platte SOL INVICTUS veröffentlichen sie auf ihrem neu gegründeten Label Reclamation. Wenn sie auf dem Cover einen Mann in Windeln mit Papiertüte auf dem Kopf abbilden wollen, dann hindert sie niemand daran. Kompromisse sind die Kalifornier ohnehin selten eingegangen.

In den 80ern und 90ern waren sie in der Flut der Hardrock- und Metal-Bands, die MTV dominierten, eine subversive Kraft. Sie persiflierten und revolutionierten harten Rock, kombinierten ohne Scheu und Respekt alle möglichen Musikrichtungen: Jazz, Country, Lounge, HipHop. Immer wenn der Durchbruch zum Greifen nahe war, schlugen sie Haken, änderten ihren Sound und ihren Look radikal. Zu bequem durfte es nie werden – auch in zwischenmenschlicher Hinsicht nicht: Die Musiker lagen dauernd im Clinch miteinander, bis sie 1998 getrennte Wege gingen. Man möge ihn erschießen, wenn es je zur Reunion käme, tönte Sänger Mike Patton damals im Interview mit dem ME.

Doch 2009 fand die Band in ihrer letzten Besetzung mit Jon Hudson an der Gitarre wieder zueinander. Die vielen Jahre Pause haben ihnen gut getan. SOL INVICTUS klingt selbstbewusst, euphorisch, auch ein bisschen nostalgisch. Patton croont und krächzt, bellt und brüllt. Seine Talente sind nirgendwo besser aufgehoben als in dieser Band. Die lässt sich hier vor allem von der eigenen Diskografie inspirieren: „Sunny Side Up“ ist funky wie „Evidence“, „Cone Of Shame“ setzt an, wo „Home Sick Home“ aufgehört hat, und „Separation Anxiety“ erinnert an die düsteren Momente von ANGEL DUST. Das ist dann auch der Wermutstropfen: SOL INVICTUS fügt dem bisherigen Werk nichts Neues hinzu. Aber wer weiß: Vielleicht spielen sich Faith No More gerade erst wieder warm. Zuzutrauen wäre es ihnen.