Enders Room – Human Radio
Der Herrgott ist ungerecht. Da sitzen sie zu tausenden, arme Musikanten und doch so talentiert, sitzen in den großen Städten, in Berlin, Paris, London und New York, sitzen und üben sich die Finger wund und warten: auf diese eine Melodie, die sie berühmt machen oder zumindest für einen Moment aus der Masse heben kann. Die meisten warten vergebens. Der Herrgott ist ungerecht. Lässt sie einfach sitzen in ihren kargen Kämmerchen mitten in der großen Stadt und schüttet seine Gunst hektoliterweise aus über einem Kaff unweit des Ammersees. Wer hier sitzt, muss nicht lange warten. Denn was ein echter Weilheimer ist, der hat die musikalische Weisheit zeitlebens zum Frühstück gelöffelt. Das ist – um nur ein paar zu nennen – bei den Acher-Brüdern IThe Notwistl und bei Martin Gretschmann (Consolel so. und auch bei Johannes Enders nicht anders. Ohne seine Tenorsaxofon- und Bassklarinetten-Arrangements würde The Notwists letztes Opus nicht so neon-golden schimmern. Das Tied & Tickted Trio wäre um ein entscheidendes Merkmal ärmer. Und Jazzgrößen wie Milt Hinton oder Donald Byrd hätten einen grandiosen Partner weniger. In der Beschaulichkeit seines Dorfstudios nahe Weilheim hat Johannes Enders rund ein Jahr lang an HUMAN RADIO gewerkelt, kantige, gebrochene Beats programmiert, selbst an Saxofon, Klarinette, Rhodes und Synthesizern das Fundament gelegt. Und großartige Musiker dazu spielen und singen lassen allen voran die norwegische Vokalistin Rebekka Bakken, die dem zum Sterben schönen Schlaflied „So Ro“ ihre Stimme leiht. Das Ergebnis ist ein fast perfektes Album: HUMAN RADIO klingt zeitgemäß, dabei dennoch eigenständig und unverkennbar nach Johannes Enders. Der Herrgott ist ungerecht.
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