Durch die Nacht mit… :: Nachtgedanken, preisgekrönt

Jeden ersten Dienstag im Monat gibt es zu nachtschlafender Zeit eine kleine, leise Fernsehsensation: Durch die Nacht mit… heißt es dann auf Arte. Monat für Monat darf man 60 Minuten lang Zeuge sein, wie sich zwei Prominente aus Kunst und Kultur begegnen und eine lange Nacht miteinander verbringen. Manche kennen sich schon flüchtig, die meisten bewundern sich gegenseitig aus der Ferne. Sie tun meist ganz normale Dinge in dieser Nacht, gehen essen, manchmal in ein Museum, später ziehen sie durch die Bars. Zwischendurch fahren sie durch die Nacht – durch eine Stadt, die der eine gut kennt, der andere aber nicht. Seit 2002 darf man so hautnah dabei sein, wenn sich zwei Menschen beschnuppern – und selten glaubt man sich prominenten Künstlern so nah wie in diesem Dokumentarformat. Über Kunst und Familie wird da gesprochen, über die Weltlage, oft aber auch über die ganz kleinen Dinge. Mal ernst, mal albern, oft überraschend weinselig. Und manchmal wird auch nur ganz wenig gesprochen. Dann, wenn zwischen den beiden eben kein Draht entsteht, warum auch immer. Dank Zweitausendeins darf man jetzt bei sechzehn spannenden Rendezvous noch einmal Mäuschen zu spielen, eine Bonus-DVD zeigt Outtakes und die Arbeit hinter den Kulissen. Man ist mit Christoph Schlingensief und einem bis zum Anschlag überdrehten Michel Friedman in Frankfurts Edelrestaurants unterwegs, nur wenige Wochen, bevor Friedmans Kokain-Eskapaden an die Öffentlichkeit gelangen. Mit Moritz Bleibtreu und dem in seiner Flachheit unsäglich langweiligen Oliver Pocher zieht man über die Reeperbahn, mit Franka Potente und John Carpenter schleicht man über den Friedhof von Hollywood. Wenn der rätselhafte Starschriftsteller Michel Houellebecq den Opernregisseur Calixto Bieito, einen glühenden Fan, immer wieder eiskalt abperlen lässt, wenn der gelähmte Jörg Immendorff von dem Moment erzählt, als ihm erstmals der Pinsel aus der Hand fiel, da muss man schon hart schlucken. Wenn aber der scheue Bryan Ferry und der grundgute Dieter Meier von Yello durch Meiers Heimat Zürich fahren, ist so viel Stil im Spiel, so viel Weltwissen, so viel Freude, so viel Traurigkeit, so viel Würde und vor allem so viel Herz, dass einem um selbiges so warm wird, dass man gleich noch einmal gucken will.

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