Doon Kanda
Labyrinth
Hyperdub/Cargo (VÖ: 6.12.)
Wucherungen aus Synthie-Gothic, Beats und Kammermusik.
Es wuchert, schwillt, verwandelt sich und zerfällt: Zugleich barock und gotisch sind die Formen, die Jesse Kanda in seiner Kunst gefunden hat. Eine Kunst, düster und eklig, hyperrealistisch wie surreal, die Leben feiert, das sich auch gegen sich selbst richten kann. Für Einsteiger: Der Künstler ist verantwortlich für ikonische Cover wie FKA Twigs’ Debüt LP1 oder Björks UTOPIA, er entwarf die Ästhetik von Arca – absonderlicher Pop der letzten Jahre sah oft aus wie eine Vision des Wahllondoners.
AmazonAls Doon Kanda schafft er nun den Sprung aus Bild- und Videokunst in die Musik mit einem Gesamtkunstwerk aus Artwork und 13 Tracks, die aufgreifen, was die Optik auszeichnet: Mutationen von und Geschwüre aus Synthie-Gothic, HipHop-Beats und Kammermusik. Man kann sich das vorstellen als depressives Gegenstück zur Manie von John Maus: Langsam, pervers, gefährlich, wunderschön, vielleicht Parallelen finden zu Thom Yorkes Soundtrackarbeit SUSPIRIA.
„Polycephaly“ heißt der Opener, Vielschädelei, doch das anatomische Wunderkabinett wird in Richtung triumphaler Synthie-Walzer verlassen, ehe eine zerschossene Symphonie mit Arabesken („Dio“) den Abstieg ins Chaos markiert – das Doon Kanda zum Ende des Albums hin wieder einhegt, in seltsam strukturierten Tracks mit Beats und Synthie-Harmonien.
Es gibt, wie selten das ist, kaum einen Anknüpfungspunkt in der Musik von heute. Genauso wenig aber fühlt sich das Album an wie der Grundstein einer kommenden Ästhetik. Eher ist das Musik, die in 30 Jahren als singuläres Soundphänomen durch superundergroundige Future-Reddit-Channels geflüstert wird. Sei dabei, wenn du dich traust.