Direction! Reaction! Creation! – von The Jam :: That’s Entertainment!

Auch die schönsten Dinge haben Nachteile. Etwa den, dass man sich entscheiden muss: Wem schenke ich die wunderbare, unverzichtbare, sammlungs- und biogtafiezentrale Jam-Box mit den 117 wichtigsten Songs, die Paul Weller (oder, ein winziges bisschen übertrieben: überhaupt irgendjemand) je geschrieben hat? Seit vor etwa einem Jahrzehnt in der Popmusik das Zeitalter der kommentierten Werkausgaben anbrach, sind ganze Wälder für Schachteln und Booklets abgeholzt, Hektotonnen Erdöl in Scheiben verwandelt worden, aber die Zahl der wirklich perfekten Boxsets hält sich nach wie vor in Grenzen. Als Beispiel für eine fast uneingeschränkt gelungene Umsetzung des Grundgedankens und der sich aus dem Medium ergebenden Möglichkeiten ist „Direction Reaction Creation“, vor zehn Jahren erstmals erschienen, so gut wie konkurrenzlos geblieben (und hat leider auch kaum Nachahmergefunden). Kurzer Einstieg für ganz Neue: The Jam waren die wichtigste englische (oder zumindest die englischste wichtige) Band der7oer-Jahre, das vierte Rad am Punk-Karren (neben Clash, Pistols, Damned), prägten aber die UK-Szene weit darüber (und über das ebenfalls von ihnen initiierte Mod-Revival 1978/79) hinaus. Ihre sechs Studioalben sind hier vollständig vertreten, hinzu kommen Singles, Outtakes, Demos etc., leider (für Komplettisten) nicht wirklich alle, aber alles hat halt seine Grenzen, und wer den Rest braucht, rindet ihn oder hat ihn längst gefunden. Die alte Ausgabe als Schachtel hatte zwei weitere Schwächen, von denen eine nun beseitigt ist: die charakteristische Unhandlichkeit von Boxset-Booklets, die zum müßigen Blättern auf dem Sonntagnachmittags-Sofa so gut geeignet sind wie Schneemänner als Kuscheitiere (wenn sie nicht sowieso beim ersten echten Aufblättern aus dem Leim gehen). Nun kriegen wir einen veritablen Bildband, fest gebunden und fadengeheftet und in idealem Sub-Teetisch-Format, in dem die klassischen Fotografien richtig zur Entfaltung kommen. Die Begleittexte von Paolo Hewitt, Pat Gilbert, John Reed finden ebenfalls die ideale Balance zwischen ausführlich und knapp, Dokumentation und Gigografie können durchaus mit der Internetkonkurrenz mithalten, und die Musik … über die, denke ich, ist alles gesagt. (Ach so, die zweite Schwäche: Das Livealbum Die THE NEW BREED fehlt auch diesmal.) >» www.thejam.org.uk